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Polyamorie: Vom Glück, mehrere Menschen zu lieben

Polyamorie: Eine Kunst für sich

Derzeit sieht man das Thema Polyamorie immer häufiger in den Medien aufblitzen und sogar Die Welt setzt sich mit den emotionalen Grenzen der Vielliebe auseinander. Zumindest bei der Silbe „poly“ haben viele ja gleich die Assoziation „mehrere“ und manche sind vielleicht gedanklich schon im Swingerclub oder beim Gruppensex – womit dieses Beziehungsmodell nichts gemein hat. Die Beziehungsform Polyamorie wird mittlerweile auch in Deutschland und Europa immer mehr zu einem Trend. Doch was bedeutet Polyamorie nun genau?

Das Wort Polyamorie selbst ist schnell erklärt, es setzt sich aus dem griechischen „poly“ (viel) und dem lateinischen „amor“ (Liebe) zusammen und bezeichnet gleichzeitige Liebesverhältnisse zu mehreren Menschen. Aber ganz so einfach, wie es sich zunächst anhört, ist die Sache nicht. Oft wird diese Liebesform wohl auch mit Polygamie (Mehr- oder Vielehe) und Promiskuität (sexuelle Kontakte mit häufig wechselnden Partnern) verwechselt oder gar als Freifahrtschein für das Fremdgehen in monogamen Beziehungen gesehen. Diese Beziehungsform wird jedoch nicht nur von Heteros gelebt, auch Lesben, Homo- und Bisexuelle können „Polys“ sein. Unter Bisexuellen ist die polyamore Lebensweise übrigens sehr verbreitet. In den USA sind sie die Vorreiter der Poly-Bewegung geworden.

Man kann sich auf die Suche nach individuellen Lösungen in der Liebe zu machen. Die meisten Probleme in Beziehungen resultieren doch überwiegend auf dem stillschweigend vereinbarten Schwur “wir bleiben uns ewig treu”. Partnerschaft und Monogamie ist für die meisten Menschen eben untrennbar – obwohl es ganz andere Beziehungsmodelle gibt. Auf zu neuen Ufern!

Wenn man bedenkt, dass 50% der Ehen heutzutage wieder geschieden werden, und in 80% der Verbindungen nach spätestens zehn Jahren die Sexualität meistens eingeschlafen ist … Ja, dann kann man sich doch so eine Beziehungsform wie die Polyamorie fast schon gut vorstellen, oder nicht? Immerhin fühlen sich fast alle Menschen auch von anderen Menschen als dem eigenen Partner angezogen.

Polyamorie in Beziehungen: Der Himmel auf Erden?

Zunächst hört sich das ja alles total easy an. Im Prinzip muss ich nicht mehr den einen Partner suchen und damit überfordern, dass dieser nun alle meine Erwartungen und Bedürfnisse erfüllen muss. Und wenn’s mit dem nicht klappt, muss ich weiter zum nächsten Partner, obwohl der „alte“ Partner ja auch viele positive Seiten an sich hatte. Nein, beim Modell Polyamorie geht das zumindest auf den ersten Blick viel einfacher: Ich kann meine Bedürfnisse auf mehrere Partner verteilen. So ist die Wahrscheinlichkeit, nahezu alle erfüllt zu bekommen, sehr hoch und hat den Vorteil, dass ich nicht alle meine Erwartungen auf einen Menschen projiziere und somit die Beziehung strapaziere. Dies bewirkt, dass man quasi den Traummann, respektive die Traumfrau, finden kann, eben nur in mehreren Partnern. One in all, sozusagen. Wenn wir nur die Ansicht der Monogamie über Bord werfen würden, wie viele Möglichkeiten würden sich uns öffnen?

Wer sind „Polys“?

Polys sind Menschen, die über gute Kommunikationsfähigkeiten und eine besondere Liebe zur Ehrlichkeit verfügen. Sie haben eine hohe Selbsterkenntnis und legen oft viel Wert auf spirituelles Wachstum. Alle Menschen haben das Recht auf Freiheit in der Wahl ihrer Beziehungen, Polys vertreten jedoch den Grundsatz, dass – wie gesagt – niemand als Einzelperson sämtliche Bedürfnisse eines Menschen ein ganzes Leben lang erfüllen kann.

Primary, Secondary, Tertiary: Wer steht wo in polyamourösen Beziehungen?

Schon wieder solche verwirrenden Begriffe. Aber keine Angst, dies sind lediglich grob drei Kategorien, in die man die verschiedenen Versuche „poly“ zu leben einteilen kann, denn vieles ist bei dieser Beziehungsform fließend und nicht unbedingt strikt abzugrenzen:

1. Primärbeziehung (Primary): Es gibt einen Hauptpartner, mit dem man zusammenlebt und maßgeblich sein Leben teilt

2. Sekundärbeziehung (Secondary): Eine (oder auch mehrere) langfristige Beziehung, die jedoch nicht den gleichen Wert hat, wie die Hauptbeziehung. Man fährt zum Beispiel mal zusammen in den Urlaub und ist auch sonst sehr offen im Umgang miteinander, plant aber keine besonderen Ereignisse (Kinder, Ehe, Hausbau …) und bezieht die Person nicht in wichtige Entscheidungen mit ein

3. Tertiärbeziehung (Tertiary): bezeichnet kurze, unverbindliche Beziehungen wie zum Beispiel Kurzaffären oder Freundschaften, bei denen Sex nur gelegentlich vorkommt (z. B. „Friends with Benefits“)

Polyamorie: Wie funktionierts?

Die Beteiligten können sich untereinander kennen und jeder weiß in der Regel auch von dem anderen. Hiermit ist auch jeder einverstanden. Polys haben übrigens durchaus langfristige Beziehungen im Auge. Ohne Verbindlichkeit geht es bei der Polyamorie allerdings nicht, sonst ginge es nur noch um hemmungslosen Sex. Wer polyamor leben will, muss auf jeden Fall gut kommunizieren können und ein hohes Maß an Empathie und emotionaler Intelligenz aufweisen, die mit der Zeit übrigens auch noch gesteigert werden kann.

Wenn die Polyamorie sich durchsetzen würde, gäbe es vielleicht keinen Besitzanspruch mehr, keine Eifersuchtsdramen, keine Familiendramen. Man muss jedoch verinnerlichen, dass man Menschen nicht besitzen kann und die eigene Freiheit wiederum mit der Freiheit des Partners einhergeht. Auch die eigene spirituelle Entwicklung kann man voranbringen, indem man seine Liebesfähigkeit erweitert und sein Ego hintenanstellt.

Wohin mit der Eifersucht in einer Poly-Beziehung?

Eines vorab: Eifersucht gehört nicht zur Liebe, sondern zu den Ego-Gefühlen. Aber gerade bei der Polyamorie ist Eifersucht nun so gar nicht angebracht. Hier geht es nicht um die Idee der sexuellen Treue. Vertrauen zu den Partnern ist daher unerlässlich. Auch wer sein eigenes Glück ausschließlich vom Partner abhängig macht, wird mit Polyamorie nicht klarkommen. Das ist bei der klassischen Paarbeziehung schon wichtig, erst recht bei einer polyamourösen Beziehung.

Es kann hilfreich sein, wenn die Partner untereinander zu den gleichgeschlechtlichen „Mitpartnern“ Kontakt aufnehmen, zum Beispiel zwei Sekundärpartner untereinander. Dies nimmt etwaiges Misstrauen und kann Eifersucht beseitigen oder zumindest verringern.

Das Gefühl von Geborgenheit: Polys sind füreinander da

Wer weiß nicht, wie wichtig es ist, in schweren Situationen und Krisen gute Freunde an seiner Seite zu haben. Und spätestens hier hat ein polyamores Leben große Vorteile. Das ist wohl einer der wichtigsten Punkte, sich für diese Beziehungsform zu entscheiden. Polys unterstützen sich gegenseitig, auch bei so alltäglichen Dingen wie Kinder hüten, Umzugshilfen, eben bei allen Situationen, in denen man Hilfe benötigt. Das ist doch ein sicheres Netzwerk, in dem man sich aufgehoben fühlt.

Eine kleine Auswahl an Chancen und Risiken, die ein polyamores Leben bieten kann, im Überblick

Chancen

• Unterstützung der Lebensgemeinschaft

• Ehrlichkeit in der Beziehung

• Sexuelle und persönliche Vielfalt

• Eine sinnliche Grundatmosphäre ist positiv für die körperliche und seelische Gesundheit

• Poly kann die spirituelle Entwicklung beschleunigen

• Verbindlichkeit und Toleranz ersetzen sexuelle Treue und Eifersucht.

 

Risiken

• Man muss mit auftretenden Eifersuchtsgefühlen umgehen können

• Stress bei Spannungen zwischen den Partnern

• Gemeinsames Abstimmen von wichtigen Entscheidungen

• Verzicht auf Treue im Sinne der sexuellen Ausschließlichkeit

• Es ist schon schwierig, mit einem Menschen zu Konsenslösungen zu kommen, umso schwerer ist das mit gleichberechtigten Mehrfachbeziehungen

• Nichtakzeptanz der Umwelt, Familie, dem Arbeitgeber oder Freunden

Wer sich nach einer Zweierbeziehung sehnt oder lediglich einen Freibrief zum erlaubten Fremdgehen sucht, ist in einer polyamoren Partnerschaft sicher falsch. Polyamorie heißt freie Liebe und nicht schneller Sex.

Arbeiten muss man letztendlich an jeder Beziehung, auch wenn man in der Mehrzahl liebt. Beziehungen wollen gepflegt werden und verlangen Aufmerksamkeit. Jede Verbindung muss sich auch entwickeln können, sonst wird sie nicht von Dauer sein.

 

Ihre Irene

(Der verlorenste aller Tage ist der, an dem man nicht gelacht hat.)

 

Buchtipp zum Weiterlesen:

Schlender, Bärbel: Ein Frühstück zu Dritt. Leben und lieben in Mehrfachbeziehungen Novum Verlag / Persönliche Erfahrungsberichte

 


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