Die Psychologie der Untreue: Warum wir fremdgehen

Untreue hat viele Gründe

Warum gehen Menschen überhaupt fremd? Welche psychologischen Gründe stecken hinter der Untreue? Lesen Sie in diesem Artikel alles über die häufigsten Seitensprunganlässe …

„Eigentlich weiß ich selber nicht so genau, warum ich fremdgegangen bin. Es ist einfach so passiert“, sagt Martin (46) und ist damit beileibe keine Ausnahme. Die meisten Menschen können die Gründe, warum sie eine Affäre haben, nicht genau benennen. Psychologen kennen jedoch eine Reihe typischer Faktoren, die dazu beitragen, dass wir unserem Partner untreu werden. Wir haben uns näher mit den psychologischen Hintergründen des Fremdgehens beschäftigt …

Balsam fürs Ego: Seitensprung zur Selbstbestätigung

Leider geschieht es in vielen langjährigen Beziehungen, dass der gegenseitige Respekt, die Achtung und auch Anerkennung für den Partner abnehmen. Im Alltagseinerlei und -stress müssen die liebevollen Worte und Momente immer mehr den pragmatischen, sachlichen und weniger von Zärtlichkeit und offener Zuneigung geprägten Momenten weichen. Komplimente werden selten. Wir fühlen uns vom Partner vielleicht nicht mehr so bestätigt wie am Anfang und verlieren dadurch möglicherweise sogar an Selbstwertgefühl.

Geringschätzung und Missachtung des Partners führen dann dazu, dass wir uns die fehlende Anerkennung woanders holen wollen. Dass wir testen möchten, ob uns andere nicht doch attraktiv und spannend finden. In einer Affäre bekommen wir in der Regel genau das, was uns verloren gegangen ist: die Bewunderung eines anderen Menschen, dessen Begehren, der Eindruck, dass wir ihm richtig gut tun – und genau das tut uns so gut, dass wir uns in ein leidenschaftliches Abenteuer stürzen.

Wir können eh nichts dafür: das mysteriöse Fremdgeh-Gen

Warum wir fremdgehen? Eigentlich ist eh alles klar, schenkt man wissenschaftlichen Untersuchungen Glauben. Der Mensch, mag er auch noch so sozialisiert und gebildet sein, ist doch immer noch ein Haufen genetisches Material, das nach wie vor viele Informationen aus Urzeiten mit sich trägt. Die allerwichtigste: Wir müssen uns fortpflanzen. Und da ein Mann sehr viele Kinder zeugen, eine Frau aber nur eine begrenzte Anzahl an Kindern bekommen kann, muss der Mann mit möglichst vielen Frauen Sex haben, um seinen Auftrag der Arterhaltung zu erfüllen.

Frauen wiederum müssen jederzeit nach dem gesündesten, stärksten Männchen Ausschau halten, um überlebensfähige, schöne Kinder zu bekommen. Das heißt, dass sowohl Männchen als auch Weibchen von Natur aus nicht gerade auf Treue programmiert sind. So viel zur Evolutionsforschung. Hormonschübe während des Eisprungs, Frühlingsgefühle, Pheromone und andere körperlich bedingte Fortpflanzungstrigger tragen ebenfalls dazu bei, dass wir manchmal nicht mehr Herr oder Frau der Lage zu sein scheinen und für wilde Abenteuer offen sind. Dennoch gehen Psychologen und Soziologen davon aus, dass in modernen Industriegesellschaften diese Faktoren immer weiter in den Hintergrund treten. Beim Thema Seitensprung spielen in der Mehrzahl der Fälle eher andere Gründe eine ausschlaggebende Rolle.

Bloß nichts verpassen!

Gerade wer sich früh bindet, lange mit einem Partner zusammen ist und relativ wenige unterschiedliche Sexualpartner hatte, gerät irgendwann in eine Krise. Soll das wirklich schon alles gewesen sein? Hält die große weite Welt der erotischen Vergnügungen nicht noch ein paar aufregende Neuigkeiten für mich bereit? Irgendwann wird das Eheleben ja bei vielen ein bisschen langweilig und eintönig, und wenn die Kinder aus dem Gröbsten raus sind und man wieder mehr auf sich selbst fokussiert ist, kommt für viele das unangenehme Erwachen.

Hätte ich nicht auch Claudia, Petra oder Nina haben können? Warum habe ich nicht damals die Nacht mit Frank verbracht oder den Flirt mit Peter ausgedehnt? Wie wäre es eigentlich, mal mit jemandem zu schlafen, der auf Sex von hinten steht oder wirklich Spaß an Oralverkehr hat? Statt die eigene Beziehung aufzupäppeln und mühsam Programme zur Aktivierung der eingeschlafenen Erotik anzukurbeln, gehen viele den Weg nach draußen, um doch noch einmal etwas Neues zu erleben. Gerade in ansonsten sehr intakten Ehen oder Beziehungen ist dieser Seitensprunggrund allerdings in den seltensten Fällen wirklich bedrohlich. Die meisten, die sich ein bisschen in fremden Betten ausgetobt haben, kehren dann auch wieder zufrieden ins eheliche Gemach zurück. Vielleicht sogar um einige Impulse reicher!

Wie du mir, so ich dir: Rache ist süß

Gerade Frauen neigen dazu, es ihrem untreuen Partner im Gegenzug mit einem Seitensprung oder einer Affäre heimzuzahlen. Verletzter Stolz, Enttäuschung und vor allem ein großes Paket flammende Wut sind die Gründe dafür, dass fast drei Viertel aller betrogenen Frauen vor allem an eines denken: an Rache. Und die kann sich in Liebesentzug und Missachtung äußern, in lautstarken Szenen oder eben auch dem erotischen Gegenschlag in Form eines Seitensprungs. Betrogene Männer hingegen leben ihre Rachegelüste deutlich seltener aus, sie neigen eher dazu, sich in Selbstmitleid zu ergehen oder ihren Frust beim Sport oder im Job abzuarbeiten.

Selten, aber auch ein Grund für Untreue: Bindungsangst

Es klingt widersprüchlich, ist aber in psychologischen Praxen ein wohlbekanntes Phänomen: Menschen, die sich emotional so in eine Beziehung hineinsteigern, dass sie vor lauter Angst, verletzt zu werden, die Partnerschaft aufs Spiel setzen, um sich selbst zu schützen. Wer extreme Gefühle der Liebe und Zuneigung entwickeln kann, fühlt sich dem Partner dadurch nämlich möglicherweise unterlegen und ausgeliefert. Wer schon einmal verlassen wurde, weiß zudem, wie ungeheuer schmerzhaft diese Erfahrung sein kann.

Die Konsequenz: Man beginnt, allzugroße Nähe zu fürchten und sich gewaltsam zu distanzieren. Zum Beispiel, indem man fremdgeht. Dass eine solche Befreiungsaktion das Problem nicht löst, liegt jedoch auf der Hand. Auch wenn die Affäre kurzfristig das Gefühl der Befreiung vom Partner vermittelt, ändert sie nichts an der eigentlichen Beziehungsunfähigkeit. Häufige Partnerwechsel aus Angst, selbst in eine zu große emotionale Abhängigkeit zu geraten und tief verletzt zu werden, sind eine Spirale, die meist nur durch therapeutische Maßnahmen aufgebrochen werden kann.

Endlich mal wieder was erleben!

Nach einigen Jahren Beziehung, vielen durchwachten Nächten mit schreienden Kindern, Hektik, grauem Alltag, Trouble mit den Schwiegereltern und eintönigen Fernsehabenden ist sie ziemlich verblasst… die Erinnerung daran, wie spannend die Liebe in ihren Anfangstagen war, wie wild die Schmetterlinge im Bauch getanzt haben, wie verrückt und frei wir uns vorkamen und einfach nicht voneinander genug bekommen konnten. Nach jahrelangem Miteinander- und zunehmend auch Nebeneinanderher-Leben ist die Spannung ziemlich raus. Was hat man sich noch zu sagen außer Alltäglichkeiten? Welche Dinge machen zusammen mit dem Partner noch Spaß? Gähn. Willkommen in der Ära der Langeweile.

In dieser Phase flüchten viele Beziehungsmüde in eine Affäre. Das Prickeln, das Erlebnis des „ersten Mals“, das Neuentdecken eines Menschen und seines Körpers, all das ist schließlich sehr aufregend – und kann kein langjähriger Partner bieten. Der Reiz des Neuen ist deshalb auch einer der häufigsten Gründe, warum Menschen fremdgehen. Gerade Wiederholungstäter, die immer wieder zu Seitensprüngen neigen, tun dies vor allem wegen der Suche nach dem neuen Kick. Der Spannung, die im Privatleben sonst fehlt. Dem Reiz des Verbotenen und dem Stück Abenteuer, das das Dasein aufregend macht. Psychologen raten jedoch zu dem Versuch, in die eigene Beziehung auch wieder mehr Schwung zu bringen, um sich nicht vollends auseinanderzuleben. Das ist aufwendiger und erfordert mehr Beziehungsarbeit, kann aber sehr lohnend sein.

Untreue hat viele Ursachen

Oftmals ist Untreue ein Zeichen dafür, dass in der Beziehung etwas falsch läuft. Wer seinen Partner nicht verlassen möchte oder die Beziehungsprobleme nicht lösen kann, der erfährt durch eine Affäre oder einen Seitensprung oftmals viel Positives. Und das kann sich wiederum entspannend und befreiend auf die eigentliche Partnerschaft auswirken. Wer an seiner Beziehung festhält, sollte ihr aber auch etwas mehr Aufmerksamkeit und Bemühen schenken, um Glück und spannende Erlebnisse nicht nur außerhalb der Beziehung suchen zu müssen.


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