Bindungsangst in Beziehungen und Affären: Achtung Nähe!

Bereit zur Flucht: Bindungsangst behindert das große Beziehungs-Glück

Genervt von der On-off-Beziehung? Oder hat sogar Ihr Affärenpartner Angst vor zuviel Nähe? Wir lüften das Geheimnis um die Bindungsangst und zeigen, was dahinter steckt.

Die gute Nachricht vorweg: Bindungsangst ist überwindbar – unabhängig davon, ob man tatsächlich eine feste Partnerschaft anstrebt oder auch bei lockeren Bekanntschaften gleich unbegründet Ängste vor zuviel Nähe entwickelt, allerdings ist der Weg dahin manchmal mühsam und die Geduld vor allem von den Partnern der Bindungsphobiker wird auf eine harte Probe gestellt. Aber der Reihe nach: Bindungsangst betrifft – wer hätte das gedacht – nicht mehr überwiegend den männlichen Part. Mittlerweile herrscht Gleichstand. Vor allem jungen Frauen sitzt oft die Angst im Nacken, sich zu schnell zu sehr auf jemanden einzulassen. Von der Angst, Freiheiten zu verlieren, über die Angst etwas Anderes zu verpassen, bis hin zur Abwehr jeglicher Nähe. Und das betrifft nicht nur feste Partnerschaften, sogar in Affären können allzu extreme Nähephobiker es schwer haben. Wer sich nicht binden kann, der hat offenbar ein Problem. Doch ist das tatsächlich so? Und wie schafft man es, souverän mit Bindungsängsten umzugehen.

Angst vor Einschränkungen: Das Wesen der Bindungsangst

Wer kennt sie nicht, die typische Filmszene vor dem Traualtar: Das Paar steht sich gegenüber und während sie auf die Frage des Pfarrers ein deutliches “Ja, ich will!” antwortet, ist er, statt die Worte zu erwidern, bereits über alle Berge. Dies ist natürlich ein extremes Beispiel und entspricht glücklicherweise für diejenigen, die sich tatsächlich für eine Ehe entschieden haben, zumindest am Hochzeitstag nur sehr selten der Realität. Und es gibt auch schon im Vorfeld einige Anzeichen, die auf Bindungsangst schließen lassen. Meist muss in diesem Fall erstmal Ursachenforschung betrieben werden und das kann einige Zeit in Anspruch nehmen.

Wie äußert sich Bindungsangst?

Es gibt diverse Anzeichen, die auf Bindungsängste hinweisen:

Hat ihr Traumpartner wenig Zeit?
Bei einer angestrebten Partnerschaft ist dies ein recht bedeutungsträchtiges Zeichen. Sicher kann man viel zu tun haben, aber wenn man verliebt und grundsätzlich an einer festen Beziehung interessiert ist, sorgen die Schmetterlinge im Bauch schon dafür, dass man sich genügend Zeit für den Partner in spe freischaufelt. Im Rahmen einer Affäre sieht das schon anders aus: Hier fordert der Alltag nebst Familie oft viel Zeit, noch dazu, wenn die Affäre diskret und geheim bleiben soll. Auch streben die meisten Affärensuchenden zwar regelmäßige, jedoch nicht unbedingt wöchentliche oder gar tägliche Treffen an. Vielmehr sehen sie es als eine Flucht aus dem Alltag, die ab und an stattfindet.

Ist gefühlt alles andere wichtiger als Sie?
Wenn beim Date das Telefon klingelt und Ihr Gegenüber plötzlich ganz schnell weg muss, wenn sie oder er Sie am Wochenende versetzt und im Nachhinein herauskommt, es war ein gemütlicher DVD-Tag im Alleingang oder wenn schlichtweg auch kleinste, leicht verschiebbare Termine immer wieder Ihren gemeinsamen Treffen in die Quere kommen, dann mutet das schon seltsam an und kann auf Angst vor zuviel Nähe hindeuten.

Ist er schnell genervt von Ihnen und wirkt abweisend?
Dies kann bei Bindungsphobikern vor allem dann vorkommen, wenn Sie sich schon etwas angenähert haben oder sich gar in den Anfängen einer festen Beziehung befinden. Denn obwohl sich Ihr Partner zu Ihnen hingezogen fühlt, lässt etwas in ihm ihn zum Ekelpaket mutieren – oft ein Selbstschutz bei Menschen, die Angst vor Nähe haben. In Affären kommt dies kaum vor, hier wahrt man oft eine prickelnde Distanz.

Werden Sie den Freunden nur sporadisch oder gar nicht vorgestellt?
Dieser Punkt gilt nur für diejenigen, die eine feste Partnerschaft anstreben – bei einer Affäre ist es in der Regel ohnehin so, dass aus Diskretionsgründen niemand sonst eingeweiht wird. Je weniger man seinen potentiellen Beziehungspartner in seinen Alltag und somit seinen Familien- und Bekanntenkreis einbindet, umso weniger Verknüpfungspunkte bietet man in seinem Leben. Doch gerade diese Verknüpfungen sind für stabile feste Partnerschaften so wichtig.

Beschränkt sich die Nähe nur auf den Sex und nicht auf die emotionale Ebene?
Auch hier muss man natürlich zwischen einer festen Beziehung und einer Affäre differenzieren. Affären sind heutzutage auch von Vertrauen und Nähe geprägt, jedoch nur bis zu einem gewissen Maße – der Hauptgrund für eine Affäre liegt für die meisten Frauen und Männer immer noch in einem unerfüllten Sexleben. Befindet man sich hingegen am Anfang einer Beziehung und man spürt, dass es dem Partner tatsächlich nur auf Sex ankommt, gibt das Grund, um stutzig zu werden. Denn zu einer guten Beziehungsbasis gehört viel mehr als nur Sex.

Finden Sie sich in diesen Punkten wieder, könnte es sein, dass Ihr (potentieller) Partner an Beziehungsangst leidet – oder, aus der anderen Perspektive betrachtet, sogar Sie selbst. Psychologen sprechen in diesem Fall von Bindungsphobikern. Diese verhalten sich dem Partner gegenüber oft abweisend, fühlen sich notorisch eingeengt und streiten sich vermehrt, weil das eine Möglichkeit ist, den Partner auf Distanz zu halten. Negative Verhaltensweisen als vermeintlicher Selbstschutz. Es gilt jedoch zu unterscheiden: Es gibt die Menschen, die sich eigentlich eine feste Beziehung wünschen, auch Familienpläne haben, aber die Bindungsangst zu ihrem eigenen Unmut nicht überwinden können. Das ist der klassische Fall, der für betroffene sehr belastend werden kann, aber der zum Glück auch gute Heilungschancen hat, ist das Problem erst einmal erkannt und man gesteht es sich ein.
Dann gibt es diejenigen, die erst gar keine Beziehung eingehen wollen, weil sie freiheitsliebend sind und dies auch unter gar keinen Umständen aufgeben möchten. Dieser Fall ist schwieriger zu lösen, weil sie sich der Außenwirkung, die ihr Verhalten auf andere hat, oft gar nicht bewusst sind. Zudem kann es hier für die Betroffenen oft mit einfachen Mitteln möglich sein, dennoch einen Partner zu finden, der zu ihren Bedürfnissen passt und ebenso denkt.

Woher kommt Bindungsangst?

Es klingt paradox, aber die Angst verlassen zu werden ist oft der Hauptgrund für die Bindungsangst. Ursachen können schlechte Erfahrungen bei Beziehungen in der Vergangenheit oder oft sogar Kindheitserinnerungen sein. Wenn die Eltern keine emotionale Ebene aufgebaut, das Kind vernachlässigt oder gar verstoßen haben. Diese Enttäuschungen sitzen tief und lassen sich meist nur mit einer Therapie aufarbeiten.

Kann man Bindungsangst überwinden und wenn ja, wie?

Wie bereits angedeutet, gibt es Möglichkeiten, das „Trauma“ zu überwinden. Der erste Schritt ist das Erkennen und das Akzeptieren des Problems. Wenn man sich selbst fragt, was der Hintergrund ist und ob man ihn aufarbeiten möchte, dann ist das meist schon die halbe Miete. Die Vergangenheit und die negativen Erinnerungen müssen aufgearbeitet und Frieden damit geschlossen werden, hier kann die Hilfe eines Therapeuten gut tun, vor allem dann, wenn man sich eigentlich im Innern eine feste Partnerschaft oder vielleicht sogar eine Familie wünscht, es aber einfach aus eigenem Antrieb nicht schafft und durch sein Verhalten potentielle Beziehungspartner immer wieder vergrault. Wenn man sich als Mensch mit Beziehungsangst bemüht, die guten Seiten des Partners zu sehen und die Beziehung nicht als Freiheitsberaubung und Einschränkung zu sehen, dann hat die Beziehung eine gute Chance. Natürlich geht es nicht ohne Verständnis vom anderen Paarteil. Mit viel Geduld und ohne Vorwürfe rückt eine „normale“ Beziehung in greifbare Nähe.

Eine Affäre als Ausweg bei Beziehungsangst?

Tatsächlich, für Menschen, die unter der Sorte Beziehungsangst leiden, bei der man schlichtweg seine Ungebundenheit und Freiheit behalten will und die einfach nur Angst haben, dass der andere anfängt zu klammern, kann eine Affäre eine gute Alternative sein. Wenn man klipp und klar das Statement vertritt “Ich möchte keine feste Beziehung!”, ist das eigentlich eine ideale Grundvoraussetzung für eine Affäre. Denn bei einer Affäre oder auch grundsätzlich beim Casual Dating suchen entweder Gebundene eine erotische Affäre oder diejenigen Singles, die „erstmal unverbindlich“ jemanden treffen möchten, der ebenfalls nicht sofort mit einer festen Partnerschaft rechnet. Gebundene Affärensuchende wünschen sich in der Regel auch einen Affärenpartner, der keinerlei Absichten hat, eine feste Beziehung anzustreben – und ebenso hegen sie selbst keine Bindungsansprüche, sondern wollen nur das gemeinsame gelegentliche Zusammensein genießen. Für Singles, die untereinander eine Affäre anstreben, gilt außerdem: Man kann entspannt abwarten, wie sich die Affäre und somit die Beziehung zueinander entwickelt. Ungezwungen und ohne gleich feste Absichten zu zeigen, kann man theoretisch das Zusammensein „testen“ – und sollten doch beide plötzlich spüren, dass man sich durchaus “mehr” vorstellen könnte, dann ist der Schritt von der Affäre zu einer festen Partnerschaft unter Umständen sogar einfacher, als wenn man diese gleich zu Beginn angestrebt hätte.

Auch in Affären, bei denen keine allzu enge Beziehung wie in einer festen Beziehung gewünscht ist, können Symptome von Beziehungsangst aufkommen. “Will der andere vielleicht doch irgendwann mehr?”, “Ist er gleich genervt, wenn ich mich mal nicht melde?”, “Muss ich meine Freiheit einschränken, nur um ihn zu treffen?”, all das sind Fragen, die dazu führen können, dass Angstmuster zum Greifen kommen. Hier hilft es also, offen darüber zu reden, was man sich von der Affäre erwartet. Oft helfen klare Ansagen und Vereinbarungen, eine Absicherung nach dem Motto “bis hierhin und nicht weiter”, dies kommt sowohl den Betroffenen als auch deren Affärenpartner zugute.

Für diejenigen jedoch, die sich eigentlich eine feste, stabile Beziehung wünschen, sind Affären nur bis zu einem gewissen Grad geeignet – denn im Zweifelsfall wird dann der Affärenpartner den Kontakt beenden, wenn er das Gefühl bekommt, dass die Angelegenheit zu emotional wird. Dies kann wiederum dazu führen, dass man noch mehr Bindungsängste entwickelt, da man das Gefühl hat, abgewiesen worden zu sein, in dem Moment, in dem man sich dem anderen ganz geöffnet hat und “mehr” wollte.

Freiräume lassen und Fronten klären

Wer unter Beziehungsphobie leidet, der sucht meist nach Entschuldigungen für sich oder den Partner. Nach dem Motto „Meine Probleme oder deine Macken machen ein Fortführen unserer Beziehung unmöglich“. Wer dies aber frühzeitig als Bindungssangst realisiert, der hat gute Chancen diese zu überwinden – sofern er denn wirklich eine feste Beziehung im Leben anstrebt, sollte er dies auch versuchen. Es gibt Möglichkeiten damit umzugehen oder sie zur Not mit Hilfe zu therapieren. Wer weiß, dass sein Gegenüber unter Bindungsangst leidet, der sollte ihm gerade zu Beginn der Beziehung unbedingt den Freiraum lassen, den er braucht, und auch später darauf achten, dass jeder seinen eigenen Bereich hat. Sonst ist das Ende leider oftmals bereits vorprogrammiert. Wenn man sich jedoch tatsächlich nicht fest binden möchte und die Bindungsangst mit einer ausgeprägten Freiheitsliebe einhergeht, man sein Singleleben auch grundsätzlich genießt, so bietet sich eine Affäre an. Und unter geklärten Voraussetzungen lassen sich meist auch Ängste diesbezüglich aus dem Weg schaffen.


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