Unglücklich mit Monogamie: Fremdgehen oder offene Beziehung?

Unglücklich mit Monogamie: Fremdgehen oder offene Beziehung?

Viele Paare leben in Monogamie und sind damit im Grunde genommen unglücklich. Zumindest einer von beiden, nämlich der, dem dabei etwas fehlt. Monogamie zu leben, gelingt nicht allen Paaren. Was tun, wenn man aus der Beziehung ausbrechen, sich aber dennoch nicht trennen will? 

Wer in seinem monogamen Leben Lust auf erotische Abwechslung hat, weil in der eigenen Partnerschaft Sex nicht mehr oder kaum noch stattfindet, fragt sich zwangsläufig, wie er mit diesem Verlangen umgehen soll. Vor allem wenn die Beziehung soweit ganz in Ordnung ist und auch nicht der Wunsch besteht, diese aufzugeben. Und selbst bei denen, die im heimischen Bett durchaus noch befriedigende Aktivitäten vorweisen können,  kann der Wunsch nach erotischen Erlebnissen mit anderen bestehen. Irgendwann scheint dem einen oder anderen der Rasen des Nachbarn eben grüner als der eigene. Laut einer Studie des Projekts Theratalk der Georg-August-Universität in Göttingen gaben fast 80 Prozent der befragten Seitenspringer an, dass ihnen Treue wichtig sei und fast genauso viele sagten, dass sie ihren Partner lieben.

Wer also weder seine aktuelle Beziehung beenden will, noch in polyamourösen Beziehungen sein Heil findet, der könnte zwischen der Entscheidung stehen, einfach fremdzugehen oder seinem Partner eine offene Beziehung vorzuschlagen.

Monogamie ist nach wie vor DAS Beziehungsmodell

Verklärt von Hollywood und Belletristik träumen wir von der einen großen Liebe, die ewig hält. Wir geben Unsummen für Hochzeitsfeiern mit allem drum und dran aus, nur um uns einige Jahre danach über das rausgeschmissene Geld zu ärgern, wenn die Trennung vor der Tür steht. Nach einer emotionalen Verschnaufpause machen wir uns auf die Suche nach einem neuen Partner.

In der Realität leben also die meisten von uns in serieller Monogamie, das heißt  in festen aufeinanderfolgenden monogamen Beziehungen. Denn heutzutage haben wir das Glück, unser Beziehungsleben nach eigenen Vorstellungen zu gestalten. Heiraten und Kinder kriegen gehört nicht mehr zum Pflichtprogramm. Man kann, muss man aber nicht. Sex ist bei Weitem kein Tabu mehr, eine Scheidung ist zwar anstrengend und ärgerlich, aber nicht mehr anrüchig. Und selbst wenn Frauen Frauen und Männer Männer lieben, werden sie nicht gesteinigt.

Mit Fremdgehen die Beziehung retten?

In langjährigen monogamen Beziehungen kann sich früher oder später erotische Langweile ausbreiten. Die Alltagsroutine hat uns im Griff und die Monotonie schleicht sich unbemerkt aber unaufhaltsam in unser Leben, leider auch ins Bett ein. Wer träumt da nicht von neuen Erfahrungen und fremder Haut? Das Spiel mit dem Feuer reizt, es verspricht Aufregung und Abenteuer. Nach wie vor bringt ein Seitensprung das Gefühl von Verruchtheit mit. Und genau das bringt den Kick, pusht unser Selbstwertgefühl und wir erleben wieder das vielleicht längst vergessene Gefühl, begehrt zu werden.

Manchmal passiert es einfach so, völlig ungeplant und überraschend für uns selbst aus der Situation heraus. Oder wir suchen gezielt nach einem passenden Seitensprungpartner. Die Sehnsucht nach einer kleinen Auszeitinsel, die uns den Alltag kurz vergessen lässt und erotischen Genuss gibt, ist groß.

Im Schnitt dauert eine Affäre bis zu sechs Monate. Der Aufschwung, den man hierdurch erlebt, kann unter Umständen frischen Wind in die Partnerbeziehung bringen. Letztendlich muss dabei jeder für sich selbst abwägen, wo der Vorteil höher liegt zwischen der Gefahr erwischt zu werden und dem Nutzen für die Beziehung.

Offene Beziehung als Alternative zur Monogamie?

Alternativ könnte man nach Absprache mit dem Partner die Beziehung öffnen. Die Sexualität würde aus der Beziehung ausgelagert. Es gäbe einen festen Beziehungspartner, Sex könnte man jedoch mit vielen Menschen ausleben. Dies ist nicht zu verwechseln mit der Polyamorie, bei der man mit Wissen und Einverständnis der Partner mehrere Partner zur selben Zeit liebt.

Bei einer offenen Beziehung wird mit offenen Karten gespielt. Diese Beziehungsform gelingt nur, wenn man sich bedingungslos vertraut und beide nicht unter Eifersucht leiden. Hier darf es also keine Heimlichkeiten geben. Eine vertrauensvolle offene Beziehung ist zudem nur praktikabel, wenn keiner von beiden Trennungsabsichten hat.

“Bei einer offenen Beziehung gilt es, klare Rahmenbedingungen zu schaffen.”

 

Kommunikation ist ein sehr wichtiger Punkt. Es gilt, klare Rahmenbedingungen zu schaffen und abzusprechen, wo die Grenzen liegen. Sollen bestimmte Sexpraktiken, Orte usw. nur dem Partner vorbehalten sein? Sind bestimmte Personen tabu, will man unbedingt wissen wo und wann – und vor allem mit wem – der Partner sich gerade trifft? Hier muss auch berücksichtigt werden, wie der einzelne gegebenenfalls mit aufkommender Eifersucht umgehen kann.

Wer sich in einer offenen Beziehung unwohl fühlt oder unsicher ist, ob das der richtige Weg aus der Monogamie ist, sollte sofort das Stoppschild zücken. Wenn es zu viel wird, muss darüber gesprochen werden um neue Grenzen setzen zu können. Eine offene Beziehung sollte nach ganz individuellen Vorstellungen ablaufen. Der richtige Weg ist immer der, bei dem sich beide wohlfühlen. Eine monogame Beziehung in eine offene zu verwandeln, ist sicher keine leichte Aufgabe. Es kann aber eine große Chance für beide sein.

Individualität ist Trumpf

Störungen im erotischen Miteinander resultieren oft aus der Frustration des Partners, der sich daraufhin zurückzieht. Doch Rückzug bringt keine Lösung. Eine Beziehung unterliegt ständigem Wandel, beide Partner entwickeln sich in ihrer Persönlichkeit weiter. Ab und an muss man eine „Bestandsaufnahme“ machen und überprüfen, ob man sich in die gleiche Richtung entwickelt und noch dieselben Ziele hat. Neben Zukunftsplänen und Wertvorstellungen ist der erotische Bereich genauso wichtig. Einfache Fragen wie „Bin ich wirklich glücklich?“ können da Klarheit schaffen.

Wenn es sich um sexuelle Unzufriedenheit handelt, kann man je nach persönlicher Konstellation dem Partner eine offene Beziehung vorschlagen oder sich ab und zu einen Seitensprung gönnen. Letzteres klingt immer noch für viele verwerflich – ist aber in den Augen von Paarpsychologen tatsächlich manchmal sogar heilsam, wenn man die bestehende Beziehung nicht weiter belasten will. Welchen Weg jeder dann für sich beziehungsweise gemeinsam mit dem Partner wählt, ist individuell zu entscheiden.

Ihre Irene

(Der verlorenste aller Tage ist der, an dem man nicht gelacht hat.)

 

Buchtipps zum Thema:

Lob der offenen Beziehung

Für Leser, die sich eine eigene Meinung zu offenen Beziehungen bilden wollen und evtl. eine Alternative zur Monogamie suchen.

Treue ist auch keine Lösung

Viele verzweifeln an der Liebe,  weil sie sich mit ihren Treueansprüchen Unmögliches abringen. Die Autoren wollen ihr  Werk nicht als Ratgeber verstehen, sondern eher zu einer Auseinandersetzung mit der Treue anregen.

 

Drucken