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Selbstwahrnehmung und Fremdwahrnehmung: Was Sie aussenden und was ankommt

Selbstwahrnehmung und Fremdwahrnehmung: Wie Sie auf andere wirken

Wie sehen Sie sich selbst – und wie sehen Sie andere? Selbstwahrnehmung und Fremdwahrnehmung liegen oft weiter auseinander, als man es vermutet. Viele Menschen schätzen sich besser oder schlechter ein, als ihre Umwelt das tut, und nehmen gar nicht wahr, wie sie auf andere wirken.

Geht es um Macken und Kleinigkeiten, ist das meistens keine Schwierigkeit. Bei größeren Ausmaßen kommt es aber schnell zu Kommunikationsschwierigkeiten – ob im Privatleben, im Beruf oder beim Flirten. Wir erklären Ihnen, wie man Fremdwahrnehmung und Eigenwahrnehmung definiert, und was Sie tun können, um beide Sichtweisen anzugleichen.

Fremdwahrnehmung: Der erste Eindruck zählt

Die Selbstwahrnehmung unterscheidet sich häufig von der Fremdwahrnehmung – man kennt sich selbst am besten, seine Stärken und Schwächen, Vorlieben und Ängste und „wie man tickt“. Ein Außenstehender bekommt davon nicht viel mit, sondern beurteilt uns anhand oberflächlicher Eindrücke. Das sind zuerst Körperbau, Aussehen, Frisur und Kleidung. Dann folgen Bewegungen, Mimik und Stimme, und schließlich die persönliche Seite. All diese Eindrücke, die wir bei einer flüchtigen Begegnung in kurzer Zeit wahrnehmen, prägen unseren Eindruck vom Anderen – und ob wir ihn positiv oder negativ bewerten. Dabei finden wir jemanden schnell interessant oder uninteressant. Vielleicht strahlt die Person Selbstbewusstsein aus, etwas Verwegenes, Erotisches oder Wildes. Oder wir empfinden das Gegenüber als arrogant, langweilig oder verklemmt und verlieren schnell unser Interesse.

Unsere Eigenwahrnehmung bestimmt unser Selbstbewusstsein

Leider wird unsere Selbstwahrnehmung durch Abwehrmechanismen wie Erfahrungen, Vorsichtsmaßnahmen, Selbstverleugnung und Verdrängungen geprägt. Wir würden gerne so selbstbewusst auftreten wie ein Showstar, das Publikum begeistern wie ein toller Redner und die Blicke auf uns ziehen wie ein Prominenter, aber trauen uns nicht – oder denken, das hat sowieso keinen Sinn. Andere Menschen dagegen überschätzen sich und halten sich für einen tollen Hecht oder eine sexy Lady, während das auf andere nur nervig wirkt. Daraus entsteht der nächste psychologische Effekt – die Selbsttäuschung. Diese basiert auf schlechten Erfahrungen, die uns hemmen, oder einem starren Idealbild in unserem Kopf. Wenn Frauen meinen, sie müssten krampfhaft so dürr sein wie ein Magermodel oder ein Mann im Berufsleben ständig seine Kollegen übertrumpfen will, setzen sie sich unnötig unter Druck. Mangelndes Selbstbewusstsein, Scham und Angst sind die Folge.

In der Psychologie wird die Kluft zwischen Fremd- und Selbstwahrnehmung mit dem Johari-Fenster gemessen. Dabei unterscheidet man den Bereich unserer Persönlichkeit, der uns und anderen bekannt ist (z.B. unsere soziale Art und Vorlieben), den Bereich, den wir anderen verschweigen (Ängste, Geheimnisse und Unsicherheiten) und den Bereich, der uns nicht bekannt ist, aber von anderen erkannt wird. Wenn jemand z.B. unbeabsichtigt schroff auf andere Menschen reagiert, wird das entsprechend negativ aufgenommen, auch wenn der Ursacher das vielleicht gar nicht bemerkt.

Der blinde Fleck bestimmt die Fremdwahrnehmung

Diese Wahrnehmung durch Fremde bezeichnet man gerne als „blinden Fleck“ – die Eindrücke, die wir auf andere Menschen machen, aber die uns selber nicht bewusst sind. Das erfolgt sehr über Äußerlichkeiten – mangelnder Blickkontakt wird als Schwäche oder Schüchternheit interpretiert, ungeniertes Starren dagegen als Arroganz oder Unverschämtheit. Ebenso verhält es sich mit anderen Körpersignalen. Laut einer Statistik bleiben 55% der Menschen Physiognomie, Gestik und Mimik am besten in Erinnerung. Mit 38% folgt die Stimme inklusive Lautstärke, Modulation und Sprechtempo. Die restlichen 7% entfallen auf den Inhalt unserer Worte. Bedenken Sie, was das in Bezug auf die Körpersprache beim Flirten bedeutet.

Es gibt aber noch einen vierten Bereich laut des Johari-Modells – jene Wahrnehmung, die weder uns selbst noch unseren Mitmenschen bekannt ist. Das sind Überzeugungen aus unserem Unterbewusstsein, die wir unterschwellig signalisieren, aber nicht (vollständig) erkennen. Vielleicht hat Ihnen schon mal jemand eine Befähigung bescheinigt, der Sie sich nicht bewusst sind, z.B. ein künstlerisches Talent oder ein besonderes Geschick?

Durch Fremdwahrnehmungen können wir unser Selbstbild korrigieren

Diese Bewusstseinsbildungen sind gruppendynamische Prozesse und von unseren Mitmenschen abhängig, die uns einen „Spiegel“ vorhalten und uns auf Unarten aufmerksam machen. Manche Menschen fallen anderen unbewusst ins Wort, ohne es zu bemerken, was beim Gegenüber als unhöflich und egoistisch ankommt – bis es ihnen jemand sagt. Im Nachteil sind einsame Menschen ohne Familie und Freunde, die schnell schrullige Eigenarten entwickeln, ohne dass sie jemand darauf hinweist.

Dabei ist das Feedback das wichtigste Mittel, um die Fremdwahrnehmung zu kommunizieren. Wer eine offene Meinung von anderen erhält, wie er auf andere wirkt, kann sich darüber Gedanken machen, dieses Feedback mit seiner Selbstwahrnehmung vergleichen und Defizite abzustellen. Fallen Sie aber nicht auf die „rosarote Brille“ herein – gerade den Partner, ein enges Familienmitglied oder einen guten Freund kritisieren viele Menschen nicht, um ihn nicht zu beleidigen oder zu kränken. Dabei ist gerade das Feedback nahestehender Menschen für den Betroffenen am wichtigsten und glaubhaftesten, während man die Kritik eines Fremden ablehnt und nicht weiter reflektiert.

Unser Körper verrät durch Signale mehr, als wir denken – auch beim Flirten

Sie können sich vor dem Spiegel betrachten, wie sie sich geben und wirken. Dabei nicht vor dem Badezimmerspiegel posieren, sondern lieber spontan in eine Spiegelwand in einem Café schauen. Vielleicht fällt Ihnen etwas auf – dass Sie unbewusst in der Nase bohren, hin- und herwippen oder sich zusammenkrümmen. All das mag auf einen Außenstehenden merkwürdig und wenig selbstbewusst wirken. Eine gerade Körperhaltung und keine Scheu vor Blickkontakten suggerieren dagegen Aufmerksamkeit und Führungsstärke. Beim Flirten und Dating sind die Wahrnehmungen entscheidend für den Erfolg. Natürlich spielen Worte eine große Rolle, aber gerade für unsere Beurteilung des Gegenübers, seiner Charakterzüge und des Sex Appeals sind diese Signale wichtig. Kleinigkeiten wie Körperhaltung, Blickkontakt oder Mimik nehmen wir positiv oder negativ wahr und summieren das für unsere Beurteilung. Überwiegen die negativen Signale, sinken die Erfolgschancen deutlich.

Achten Sie beim Flirten auf Ihre Körpersignale!

Ein Mann, der sich viel Gedanken über Gesprächsstoff und Kleidungsstil beim Date macht, ist zwar auf einem guten Weg, aber eine falsche Selbstwahrnehmung kann das schnell zerstören. Ist er von sich absolut überzeugt, zeigt er diese Selbstüberschätzung durch eine arrogante Gestik, fordernde Körperhaltung oder abschätzende Blicke. Viele wundern sich dann, wenn die Traumfrau sich schnell wegen eines dringenden Termins verabschiedet. Ein absolutes Fettnäpfchen beim ersten Date ist übermäßiger Alkoholkonsum – dieser mag zwar einigen Menschen als willkommenes Aufputschmittel gegen Nervosität und für mehr Mut erscheinen, aber das Gegenteil ist der Fall. Wer sich ernsthaft darauf konzentriert, sympathisch und positiv rüberzukommen, wird das niemals im Vollrausch erreichen. Und ein besoffenes Gegenüber wünscht sich außerdem niemand beim Date.

Was bleibt als Erkenntnis? Wenn Sie Ihr Selbstbild mit der Fremdwahrnehmung Außenstehender in Einklang bringen wollen, lohnt es sich, daran zu arbeiten. Machen Sie sich Ihre Stärken und Schwächen klar und stehen Sie dazu. Fragen Sie einen Freund oder ein Familienmitglied, wie sie Ihre Art oder bestimmte Charakterzüge beurteilen. Versuchen Sie das abzustellen, was auf andere negativ wirkt. Aber bleiben Sie sich dabei immer treu – Sie sollen sich nicht verstellen, sondern immer authentisch bleiben. Damit haben Sie häufig den meisten Erfolg – ob im Alltag, im Berufsleben oder beim Flirten und nächsten Date.

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