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Typisch Mann, typisch Frau: Vorurteil oder Realität?

Manche Vorurteile halten sich hartnäckig

Oft existieren diese tatsächlich, manchmal sind es aber auch schlichtweg Vorurteile und Klischees, die sich nicht bestätigen lassen. Jeder von uns hat da sicher spontan ein paar Beispiele für Vorurteile auf Lager. Aber entsprechen diese auch den Tatsachen?

Vor-Urteil heißt ja, dass wir uns ein vorschnelles und meist negatives Urteil bilden. Also eine vorgefasste Meinung und ungeprüfte Ablehnung. Vorurteile basieren kaum auf objektiv gesicherten Informationen, sondern vor allem auf subjektiven Einstellungen, Gefühlen und Wertungen.

Was steckt hinter den Vorurteilen über Männer und Frauen?

Wenn ein Baby auf die Welt kommt, ist das Gehirn ja noch nicht fertig entwickelt. Allerdings entwickeln sich 90 % der Verknüpfungen zwischen den Nervenzellen in den ersten Lebensjahren. Diese strukturieren sie sich immer wieder um. Erfahrungen spielen hierbei laut Lutz Jäncke (Neuropsychologe an der Universität Zürich) eine wichtige Rolle. Es gibt nur wenige Unterschiede zwischen Mann und Frau, die angeboren sind.

Eltern und Umwelt prägen schon vom ersten Lebenstag an Geschlechterrollen. Bei Jungen wählen sie immer noch eher ein Auto als Spielzeug und bei Mädchen eine Puppe. Vieles geschieht aber auch unbewusst. Jeder wird im Laufe seines Lebens auch von seinem Umfeld beeinflusst. Durch Freunde, Schule, TV oder Bücher. Unbestritten trägt neben unserer Veranlagung auch unsere Umwelt zu den zwischen Männern und Frauen unterschiedlichen Fähigkeiten und Verhaltensmustern bei. Das Gehirn lernt ständig dazu. Es hat eine ungeheure Kapazität, sich immer wieder neu zu strukturieren, sagen Neuropsychologen.

Frauen benutzen beide Hirnhälften gleichzeitig, also symmetrisch. Männer verarbeiten Aufgaben asymmetrisch, also die linke Gehirnhälfte das sprachliche, die rechte das räumliche Denken. Interessant ist, Frauen tun dies während der Menstruation auch. Sind die Wechseljahre ins Land gezogen und somit die Konzentration an weiblichen Sexualhormonen gesunken, arbeitet das Gehirn der Frauen ebenfalls wie das der Männer. Frauen denken also nur zu ganz bestimmten Zeiten in ihrem Leben anders.

Man kann sich Defizite auch einreden: Was das Umfeld anrichtet

Wer glaubt, nicht einparken zu können, wird das Einparken vermeiden. Das hat zur Folge, dass im Gehirn keine entsprechenden Nervenverbindungen sprießen. Aber Übung macht den Meister. Je öfter man die Sache übt, desto eher klappt es. Wem ein schlechter Orientierungssinn eingeredet wird, der entwickelt meist kein reges Interesse an Geografie. Doch ohne Übung erfährt man logischerweise eher negative Erfahrungen und gibt irgendwann ganz auf. Ein falsches Selbstbild kann also einen Teufelskreis in Gang setzen. Dies kann dazu führen, dass manche Klischees sich hartnäckig halten. Ich habe mal ein paar raus gepickt, die mir gerade so in den Sinn gekommen sind, vielleicht kennen Sie ja auch ein paar davon.

Die gängigsten Vorurteile über Frauen

Frauen können nicht einparken: Stimmt nicht. Für die Untersuchung filmte der britische Betreiber NCP auf 700 firmeneigenen Parkplätzen einen Monat lang rund 2500 Fahrer. Fahrlehrer Neil Beeson, der das Experiment entwickelt hat, war selbst erstaunt über das Ergebnis. Frauen finden nicht nur schneller einen Parkplatz, sie parken auch noch rückwärts besser ein. Die Männer waren lediglich fünf Sekunden schneller.

Frauen fahren schlechter Auto: Stimmt nicht. 2012 waren rund 78 Prozent der im Flensburger Verkehrszentralregister Sünder männlich.

Frauen stehen nur auf die bösen Jungs: Stimmt manchmal. Die netten Männer zeigen sich meist ständig und bedingungslos verfügbar. Leider sitzt die Meinung, dass das, was schwer zu ergattern ist, etwas Besonderes sein muss, tief in uns fest. Das trifft aber auch bei den Männern zu. Auch die immer zu spät kommende Diva ist zumindest zu Beginn für viele interessanter als die pünktliche, nette Konkurrentin.

Frauen tratschen gerne: Betrifft eigentlich beide, nur bewerten Männer das Tratschen der Frauen als negativ. Während es sich bei Männern überwiegend um „sachlichen Informationsaustausch“ handelt, unterhalten sich Frauen am liebsten mit anderen Frauen über Themen wie Familie, Gesundheit, Erziehung der Kinder und Mode. Über Themen wie Arbeit, Urlaub und Kulinarisches diskutieren jedoch beide Geschlechter gerne.

Frauen frieren ständig: Stimmt. Wenn auch nicht ständig, so doch zumindest öfter. Frauen besitzen weniger Muskelmasse und ihre Oberhaut ist um ca. 15% dünner als die männliche. Ausnahmefall: „Fliegende Hitze“, also Hitzewallungen in den Wechseljahren.

Frauen können nicht rechnen. Stimmt nicht. Ich persönliche rechne mit allem … 😉 OECD-Forscher kamen aber zu dem Schluss, dass sich die Differenzen der Geschlechter nicht durch angeborenes Unvermögen begründen, sondern vielmehr durch eine erworbene Haltung gegenüber dem Thema, der Schule, beziehungsweise dem Lernen allgemein.

Frauen haben keinen Orientierungssinn: Die meisten Frauen orientieren sich zur Navigation zum Beispiel an Gebäuden oder Ampeln wohingegen die meisten Männer eher einer Art Karte im Kopf folgen. Psychologen der Universität Marburg machten mit Studenten einen Test: Ein Mann und eine Frau werden in einer Stadt ausgesetzt. Wer findet am schnellsten den Weg zum Bahnhof zurück? Der Test endete unentschieden. Männer und Frauen bewältigten ihn gleich gut. Trotzdem hielten die Frauen ihren Orientierungssinn fast durchweg für schlechter.

Frauen brauchen im Bad länger: Stimmt nicht bzw. hält sich die Waage laut einer Umfrage des Instituts TNS Infratest. Außerdem kann ich das aus eigener Erfahrung bestätigen. 😉

 

Die gängigsten Vorurteile über Männer

Männer denken nur an das Eine: Da tut man ihnen etwas Unrecht. Wie Terri Fisher, Professor für Psychologie an der Universität in Ohio, herausgefunden hat, denken Männer genauso oft an Essen und Schlafen. Das liegt wohl an den Grundbedürfnissen.

Männer sind nicht multitaskingfähig: Stimmt so nicht. Das ist nämlich geschlechterunabhängig. Die Wissenschaft sagt, dass dies schlichtweg davon abhängt, wie viel Übung man in der entsprechenden Tätigkeit hat.

Männer können nicht zuhören: Jedenfalls nicht zu lange. Aber dafür können sie nichts. Einer britischen Studie von Wissenschaftlern der Universität Sheffield im Fachjournal NeuroImage zufolge hat das männliche Gehirn Schwierigkeiten beim Verstehen weiblicher Stimmen, da dies jene Hirnregion aktiviert, die auch Musik verarbeitet. Es wird ein Hirnbereich aktiviert, der die unterschiedlichen Klänge analysiert. Dies erfordert jedoch eine stärkere Hirnaktivität und führt damit schlichtweg nach einer gewissen Zeit zur Ermüdung, der Mann schaltet einfach ab.

Männer können schlecht Sprachen lernen: Stimmt nicht. Laut Janet Mertz von der University of Wisconsin-Madison und ihrem Kollegen Jonathan Kan ist das Sprachtalent geschlechtsunabhängig. Entscheidend sind vielmehr soziale und kulturelle Faktoren. Wie das Nachrichtenmagazin “Der Spiegel” schreibt, galt hier der „International Gender Gap Index, der Einkommen, Bildung, Gesundheit und politische Teilhabe berücksichtigt. Dabei zeigte sich, dass sowohl Mädchen als auch Jungen umso bessere Leistungen in Mathematik erreichen, je gleichberechtigter eine Gesellschaft ist“.

Männer bekommen öfter einen Herzinfarkt: Stimmt nicht. Die Häufigkeit ist gleich, das gilt auch für die Todesfälle.

Verfügen Männer über weniger Intuition als Frauen? Nein, bei so genannten Intuitionstests haben die Männer sogar deutlich besser abgeschnitten als Frauen (z.B. bei der Unterscheidung von echtem zu vorgetäuschtem Lächeln).

 

Wie entstehen solche Vorurteile?

Da spielen die Medien mal wieder eine nicht gerade unbedeutend große Rolle. Haben wir erst einmal einen Meinungstrend erfasst, so suchen wir nur nach Bestätigungen und diese fallen uns auch verstärkt auf. Nehmen wir mal das Beispiel, dass Männer wehleidiger sind, wenn sie erkältet sind. Wenn wir also zum Beispiel zwei bis drei Männer kennen, die bei Grippe dem schleichenden Sofatod erliegen, so fühlen wir uns in dieser Meinung bestätigt. Das klappt natürlich auch durch Mundpropaganda. Erzählen uns ein paar Freunde oder Kollegen, dass deren Frauen stundenlang am Shoppen sind, dann denken wir bei jeder Frau, die uns in der Fußgängerzone mit fünf Tüten in der Hand begegnet: Aaah, die Frauen sind aber wirklich nur am Shoppen!

Aber, und das ist doch mal ein guter Schritt in die richtige Richtung, die Geschlechterdifferenzen werden immer weniger. Durch Anpassung der Geschlechterrollen verbessern Männer ihre sprachlichen Fähigkeiten und Frauen lösen räumliche Aufgaben immer fixer. Das bedeutet auch, dass die Gemeinsamkeiten zwischen Männern und Frauen wohl doch viel größer sind als angenommen und die Unterschiede eher innerhalb der Geschlechter liegen, beziehungsweise nicht geschlechterspezifisch sind, sondern von individuellen und geschlechtsunabhängigen Faktoren abhängen.

Eines stimmt aber wahrscheinlich doch: Frauen haben mehr Schuhe als Männer. 😉

Oder was denken Sie? Welche Vorurteile fallen Ihnen denn spontan ein? Und vor allem, haben sich diese bewahrheitet oder sind Sie eher dem Meinungstrend erlegen?

Ihre Irene

(Der verlorenste aller Tage ist der, an dem man nicht gelacht hat.)

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