Ich komme (nicht): Orgasmus vortäuschen ist einfacher als gedacht

Fast jeder hat schon mal einen Orgasmus vorgetäuscht

Spätestens seit „Harry und Sally“ wissen wir, dass einige Frauen eine wahre Meisterschaft darin entwickelt haben, ihren Orgasmus vorzuspielen. Tatsächlich haben einer Umfrage der Berliner Charité zufolge über 90 Prozent aller Frauen in ihrem Leben schon mehr als einmal einen Höhepunkt vorgetäuscht. Das Ergebnis sorgte für Aufsehen in der Öffentlichkeit.

„Einen Orgasmus vortäuschen? Und das im Zeitalter der Emanzipation? Ja, ist das denn wirklich nötig?“, fragten die Medien. Zumindest scheint es kein Zeichen für sexuelle Unzufriedenheit zu sein, denn die meisten der befragten Frauen hatten gleichzeitig angegeben, mit ihrem Liebesleben glücklich zu sein. Worin liegen also die Gründe dafür, dass beim Thema Orgasmus öfter gemogelt wird? Wann ist es vertretbar, wann sollte man eher davon absehen und Klartext reden?

Warum wird manchmal einen Orgasmus vortäuschen

Eigentlich soll man ja immer die Wahrheit sagen. Eigentlich. Und doch greift jeder von uns ab und an zu kleinen Notlügen oder Schwindeleien. Gar nicht selten steckt der Wunsch dahinter, den anderen damit vor Verletzungen zu bewahren und ihm ein gutes Gefühl zu geben. Das ist in der Liebe nicht anders als im alltäglichen Umgang mit lieb gewordenen Menschen.

„Ich genieße den Sex mit meinem Freund sehr, und meistens komme ich dabei auch zum Orgasmus“, erzählt Sonja (43). „Es gibt aber Tage, da bin ich innerlich doch noch zu sehr mit anderen Dingen beschäftigt oder komme einfach nicht so in Fahrt, wie es für einen Orgasmus nötig wäre. Trotzdem ist es sehr schön, die Erregung meines Partners zu spüren, seine Nähe und Zärtlichkeit. Aber wie so viele andere Männer auch entwickelt er einen wahren Ehrgeiz, mich zum Orgasmus zu bringen. Bevor er sich dann ewig abrackert und es doch nichts wird, täusche ich in solchen Situationen auch schon mal einen Höhepunkt vor. Das macht ihn zufrieden und nimmt den Druck aus der Situation.“

„Lieber einen Orgasmus vortäuschen als eine lange, unbefriedigende Diskussion“

Die meisten Frauen haben es schon erlebt: Der Sex mit dem Partner ist toll, aber die Situation passt gerade nicht. Fragt er dann nach, ob sie Spaß hat und bald kommt, kann es auch mal einfacher sein, ja zu sagen und ein bisschen zu schauspielern. Dies bewahrt ihn vor einer Enttäuschung oder Selbstzweifeln und erzeugt kein Problembewusstsein, wo es gar nicht nötig wäre. Allerdings, und das ist ganz wichtig: Die kleine „weiße“ Orgasmuslüge sollte überhaupt nur dann eine Option sein, wenn das Liebesleben ansonsten mehr als gut, nämlich befriedigend ist. Kann Sie Ihr Partner nie zum Orgasmus bringen, empfinden Sie den Sex mit ihm als wenig erfüllend und haben Sie immer seltener Lust, ist es absolut kontraproduktiv, den Höhepunkt vorzutäuschen. Denn so wird sich die Situation nie ändern. Einfühlsame, klärende Gespräche sind in diesem Fall wirklich wichtig.

Orgasmusschummeln: nicht immer sinnvoll

Gerade am Anfang einer Beziehung oder Affäre ist es sehr wichtig, ehrlich zu sein, was die Zufriedenheit im Bett betrifft. Denn jetzt werden die Weichen auch für das künftige Zusammensein gestellt. Wer da mogelt, gaukelt dem Partner vor, alles sei in schönster Ordnung. Und der macht dann natürlich weiter wie bisher, schließlich ist er durch die Bestätigung davon überzeugt, auf dem goldenen Weg zu sein. Ein Teufelskreis, der die Chance auf echte Orgasmen extrem verringert. Und das wäre ja wirklich schade! Also: Gerade in der Findungsphase dem Partner zeigen, wie man bzw. frau es am liebsten mag. Ob das im Gespräche geschieht oder durch Händchenführen, durch ehrlich gemeintes Stöhnen an den richtigen Stellen oder anfeuernden Dirty Talk, ist dabei ganz Ihnen überlassen. Hauptsache, der Partner merkt, was Ihnen wirklich guttut.

Auch Männer mogeln manchmal!

Männer kommen üblicherweise schneller und einfacher zum Orgasmus als Frauen und haben auch seltener Probleme damit, überhaupt zu kommen. Trotzdem kann es auch den Herren der Schöpfung passieren, dass sie nach einem anstrengenden Tag oder einem Glas Alkohol zu viel spüren: Das wird heute nichts. Immerhin ein Viertel der Männer hat sich in einer solchen Situation auch schon mal für einen Fake-Orgasmus entschieden. Um die Partnerin nicht zu enttäuschen, keine Diskussionen über Potenzprobleme aufkommen zu lassen und die Sache zum Abschluss (ohne Abschuss) zu bringen.

Aber geht das denn überhaupt? Merkt die Partnerin nicht, dass da etwas Entscheidendes fehlt? „Man kann schon auch einen Samenerguss simulieren“, erklärt Paul (44). „Bei einem Blowjob geht das natürlich nicht; auch beim vaginalen Sex ohne Kondom wird es schwierig zu erklären, wo denn der Samen hingekommen ist. Beim Sex mit Kondom, vor allem in der Hündchenstellung, oder auch beim Analsex von hinten, kann man nach dem vorgespielten Orgasmus das Kondom jedoch schnell in einem Taschentuch verschwinden lassen, ohne dass sie es noch einmal zu Gesicht bekommt. Ein Kumpel hat auch schon mal beim Sex von hinten vor dem vermeintlichen Erguss rausgezogen und dann so getan, als würde er auf ihrem Rücken kommen. Die Flüssigkeit, die er dort verrieben hat, war dann aber in Wirklichkeit nur Spucke …“

Orgasmus vortäuschen: So wird es überzeugend

Wenn es mal wirklich nicht anders geht, können gerade Frauen einen Orgasmus relativ leicht und glaubhaft vorspielen. Zugute kommt ihnen dabei, dass Männer hier auch leicht zu überzeugen sind und in den seltensten Fällen einen Höhepunkt anzweifeln. Die folgenden körperlichen Reaktionen lassen in jedem Fall auf einen Orgasmus schließen. Ist keines davon erkennbar, ist sie vermutlich auch nicht gekommen:

  • Rote Wangen: Ein Orgasmus treibt den Blutdruck in die Höhe und sorgt für rote Bäckchen. Kneifen Sie sich in einem unbeobachteten Augenblick in die Wangen, um Erregungsröte zu simulieren.
  • Stöhnen und Dirty Talk: Wenn Sie ihm kleine schmutzige Worte ins Ohr flüstern, gekrönt von der Ankündigung „Ich komme“, wirkt das sehr glaubhaft.
  • Muskeleinsatz: Wenn Sie sich dabei noch an ihn klammern, die Beinmuskeln anspannen und sich immer schneller bewegen, wird die Ekstase noch überzeugender. Optional mit den Fingernägeln über seinen Rücken kratzen!
  • Beim Orgasmus selbst dann weniger stöhnen, dafür umso heftiger und schneller atmen und die Muskelkontraktionen der Scheide nachahmen.
  • Danach das Sensibelchen spielen: Der Kitzler ist nach dem Orgasmus extrem berührungsempfindlich, also gekonnt zusammenzucken und wegdrehen, wenn er Sie danach noch liebkosen will.

Komm ich heut nicht, komm ich morgen

Einen Orgasmus vorzutäuschen, kann manchmal hilfreich sein und einen bequemen Weg aus einer nicht enden wollenden Nummer bedeuten. Lassen Sie den Fake-Höhepunkt aber nicht zur Gewohnheit werden, sonst verbauen Sie sich den Weg zu einem erfüllten, befriedigenden Sexleben. Irgendwann nach langer Zeit erst mit der Wahrheit herauszurücken, macht das Ganze unnötig kompliziert und enttäuscht den Partner umso mehr.

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