Ich bin dann mal weg: Warum ein Sabbatical manchmal gut tut

Ich bin dann mal weg: Warum ein Sabbatical manchmal gut tut

Das Sabbatical: Einfach “Tschüss” sagen und für ein Jahr komplett oder in einem bestimmten Bereich von der Bildfläche verschwinden. Wenn das wie Musik in Ihren Ohren klingt, sind Sie schonmal ein guter Kandidat für “ein Jahr ohne”. Ohne Stress, ohne Job, ohne Verpflichtungen … was Ihr persönliches “Ohne” sein soll, müssen Sie allerdings selbst entscheiden.

Ein Sabbat-Jahr oder auch Sabbatical ist heutzutage gar nicht mehr so exotisch. Die Auszeit wird vermehrt von Frauen und Männern bis um die 40 genutzt. Der Begriff findet seinen Ursprung im Hebräischen, šabat bedeutet „inne halten“. Warum sehnen sich so viele Menschen nach einem Jahr, in dem sie vieles hinter sich lassen, wofür sie in den letzten Jahren gearbeitet oder sogar gekämpft haben? Und wie geht man ein Sabbatical überhaupt am besten an?

Sabbatjahr: Einfach mal raus aus der Tretmühle

Viele träumen davon, doch die wenigsten können es umsetzen. Dass ein Sabbatical gar nicht erst stattfindet, kann finanzielle und/oder familiäre Gründe haben oder man traut sich erst gar nicht, den Vorgesetzten zu fragen. Bei vielen gerade kleineren Firmen wäre es schlichtweg auch gar nicht möglich, eine lange Auszeit zu nehmen. Andererseits fördern mittlerweile auch viele Arbeitgeber den zeitlich begrenzten Ausstieg. Unbezahlter Sonderurlaub, Überstunden und nicht genommene Urlaubstage sind Möglichkeiten, ein Sabbatjahr Wirklichkeit werden zu lassen.

Die häufigsten Gründe für ein Sabbatical

Der Wunsch nach einer Auszeit entsteht aus vielerlei Gesichtspunkten. Manche wollen die Elternzeit verlängern, ihren Traum vom Reisen erfüllen oder auch mal eine Zeit lang in einem anderen Land leben. Andere möchten die Zeit für die Pflege eines Familienangehörigen nutzen, persönliche Projekte anstreben, berufliche Neuorientierung ins Auge fassen, sehen ihre Zeit für persönliche Weiterentwicklung gekommen oder möchten sich ehrenamtlichen Tätigkeiten widmen. Und wieder andere sind schlichtweg ausgebrannt und möchten wieder zu sich selbst finden. Die Gründe für eine Auszeit sind vielfältig und sehr persönlich. Meistens ist ja die Rede vom Sabbatjahr. In der Regel dauert die Auszeit zwischen drei und 12 Monaten. Es muss also nicht unbedingt gleich ein ganzes Jahr sein.

Wie geht man ein Sabbatjahr am besten an?

Einen Anspruch auf ein berufliches Sabbatjahr gibt es grundsätzlich nicht und es ist auch nicht gesetzlich geregelt. Aber wie so oft im Leben kann es eine Frage der Kommunikation sein. Wer also mit einer Auszeit liebäugelt, sollte sich einfach ein Herz fassen und den Chef ansprechen. Letztendlich ist alles Verhandlungssache und eine Frage von individuellen Absprachen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, ob, wie lange und zu welchen Konditionen Ihr Wunsch in die Praxis umgesetzt werden kann. Für ein solches Gespräch ist allerdings eine Vorplanung erforderlich, damit dem Chef nicht nur Träume, sondern klare Vorstellungen präsentiert werden können, denn dieser muss ja auch die Zeit ohne Sie planen können.

Sie wollen wissen, was Sie in Ihrem individuellen Fall bei einer Auszeit alles beachten müssen? Immerhin tauchen viele Fragen auf wie z. B. welches Ziel ist das passende, wo bekomme ich den finanziellen Spielraum und die erforderliche Zeit her, wie plane ich das Gespräch mit dem Chef, welches sind die vertraglichen Aspekte und, und, und. Kein Problem! Wir leben ja heute in einer Welt, in der es von Coaches nur so wimmelt, und – ja, Sie haben es erraten – es gibt sogar auch Sabbatical-Coaches. Es ist tatsächlich nicht wegzureden, dass die Auszeit gut geplant sein will, und wer sich das alleine nicht zutraut, kann sich eines Coaches bedienen. Wichtige Punkte in einem Vertrag sind auf jeden Fall die Dauer der Auszeit bzw. der Zeitraum, die Regelungen zur Rückkehr und natürlich die finanzielle Regelung.

Was sagt der Partner dazu?

Als Single können wir natürlich in der Regel problemlos alleine Entscheidungen treffen. Der wichtigste Gesprächspartner ist der Chef  und sicher wird man auch Familienangehörige informieren. Wer sich jedoch in einer festen Partnerschaft befindet, muss natürlich den Partner mit einbeziehen. Die meisten werden nicht gerade Luftsprünge machen, wenn der Partner seinen Wunsch eröffnet, mal für ein paar Monate von der Bildfläche zu verschwinden. Am Ende möchte er auch noch mit? Macht das Sinn? Das mag dann der Fall sein, wenn man gemeinsame Projekte oder Ziele hat. Wenn aber nur einer den Wunsch nach einer Auszeit verspürt, kann der andere das unter Umständen schwer nachempfinden. Seien Sie ehrlich miteinander und finden Sie eine gemeinsame Lösung.

Ein Fragenkatalog für das “Jahr ohne”

Viele Fragen tauchen auf und wollen beantwortet werden. Was tun, wenn der Partner in der Ferne weilt und mich die Sehnsucht quält? Wie gehe ich mit meinen Wünschen nach Nähe und Zärtlichkeit um? Wer bin ich ohne ihn? Welche neuen oder auch alten Träume werde ich leben? Manches braucht Zeit und muss sich entwickeln, manches bedarf vorheriger Klärung. Ist der Partner, abgesehen von Skype-Kontakten, ein Jahr unerreichbar, so muss man sich Gedanken darüber machen, wie die sexuelle Seite ausgelebt wird. Verdrängen nützt da nichts, sondern schürt nur Ängste und Zweifel. Gestehen sich beide Freiheiten in dieser Hinsicht zu ohne dass darüber Bericht erstattet werden muss? Oder ist es dem Sabbatical-Partner möglich kurze „Besuche“ abzustatten bzw. sich an verschiedenen „Reise-Stationen“ zu treffen?

Sabbatical – Gefahr oder Chance für die Beziehung?

Es ist durchaus verständlich, dass der Partner Befürchtungen hat, dass nach einem Sabbatical alles anders ist als zuvor. Tatsächlich ist ja aber gerade das der Sinn eines Sabbaticals, man möchte eine neue Richtung (bzw. sich selbst) (wieder) finden. Niemand, der in ein Sabbatical geht, kann voraussagen, wie er danach tickt. Manche entscheiden sich auch gerade dann, wenn es in einer Partnerschaft stark kriselt, für eine Beziehungsauszeit. In diesem Falle kann es sogar die Beziehung festigen, wenn sich beide Partner wieder „erden“ können. Denn, entscheiden sich zwei Menschen nach solch einer Auszeit als Paar weiterzumachen, dann sicher nicht aus Bequemlichkeit oder Gewohnheit, sondern weil sie genau mit diesem Partner leben wollen. Eine Garantie gibt es – wie immer im Leben – natürlich nicht, es kommt darauf an, was Sie daraus machen. Und sicher ist auch, dass viele Frauen und Männer ein Sabbatjahr nutzen, um sich aus einer Beziehung zu lösen, die ihnen nicht mehr gut tut.

Anregungen für Mini-Sabbatical: Es muss nicht immer gleich ein ganzes Jahr sein

Leider kann nicht jeder den Traum von einem ganzen Sabbaticaljahr in die Tat umsetzen. Meist hat das vor allem finanzielle Gründe. Ich möchte es jetzt nicht „Sabbatical für Arme“ nennen, aber ein kleineres, eben abgespecktes Sabbatical kann man auch in die Tat umsetzen, wenn man nicht bis zum Hals im Geld schwimmt. Und so wird es den meisten von uns ergehen.

Also, wie war das? Weniger ist mehr? Ja, im Sinne der Reduzierung können wir im schnöden Alltag  z.B. auch mal ganz gezielt auf Medien verzichten und Nachrichten nur einmal am Tag checken oder auch mal eine Woche ganz abstinent sein, was das TV betrifft. Wenn Sie das mal durchziehen, wird Ihnen erst auffallen, wie abhängig Sie schon sind. Angenehmer Nebeneffekt: Man hat plötzlich viiieeel mehr Zeit. Im Restaurant muss man auch nicht ständig das Handy in der Hand haben (das hasse ich persönlich besonders), sondern sollte sich auf seine Gesprächspartner konzentrieren. Ein Mini-Sabbatical lässt sich auch auf den Bereich Ernährung anwenden, z. B. weniger Alkohol trinken oder Sie buchen mal einen ayurvedischen Kochkurs, wenn Sie das Gefühl haben, das könnte ihnen gut tun. Achten Sie auf Ihren Körper und lauschen der Stimme Ihres Bauchgefühls. Oft muss das erst wieder trainiert werden.

Kleine Sabbaticals können oft schon Wunder bewirken

Am Wochenende können wir zumindest einen Tag (oder noch besser gleich das gesamte Wochenende!) für eine kleine Auszeit nutzen, um die Batterien aufzuladen. Ob Sie gemütlich zuhause weilen oder einfach Freitagabend die Koffer packen und sich bis Sonntagabend woanders einquartieren, Möglichkeiten gibt es heute genug. Von Action bis Wellness, je nach Bedarf.

Wer mag, kann auch seinen Jahresurlaub auf einmal nehmen und dann doch wenigstens sechs Wochen aussteigen. Das kann auch schon Wunder wirken und vielleicht die Erkenntnis bringen, dass man für ein noch längeres Sabbatical gar nicht geeignet ist, wer weiß. Andererseits kann es auch Klarheit bringen, dass das genau unser Ding ist und wir finden die Motivation, zumindest schon mal ein Tagesgeldkonto zur Wunscherfüllung anzulegen.

Wer generell etwas kürzer treten will und dazu nicht unbedingt in ferne Welten schweifen möchte, der kann darüber nachdenken, ob ihm eine dauerhafte Reduzierung eher liegt. Wer über berufliche bzw. persönliche Neuorientierung nachdenkt, kann den Job wechseln, sich scheiden lassen, oder sich durch Arbeitszeitreduzierung mehr Zeit für spirituelle Weiterentwicklung oder Hobbys verschaffen. Denn auch das ist eine Reise. „Reisen bedeutet Grenzen zu überschreiten, auch die eigenen“, sagte mal Wanda Rezat. Aber keiner hat gesagt, wie fern oder wie lange man reisen muss, oder? 😉

 

Der verlorenste aller Tage ist der, an dem man nicht gelacht hat.

 

Ihre Irene

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