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Leistungsdruck beim Sex: Warum das nicht gut gehen kann

Höher, schneller, weiter – alles muss immer toller sein. Wir sind selten damit zufrieden, was wir haben. Erst, wenn wir uns vergewissert haben, dass es anderen genau so geht, können wir es akzeptieren und Zufriedenheit erfahren – wenn überhaupt. Das fängt beim Job an und hört beim Sex leider für viele nicht auf. Die Medien sind daran nicht gerade unschuldig. Nur wer richtig guten Sex hat, der kann mithalten, so das Bild, das propagiert wird. Warum dieser Leistungsdruck alles nur verschlimmert und ob es tatsächlich möglich ist, dem mit Achtsamkeit und Entschleunigung beim Sex entgegenzuwirken, erfahren Sie in diesem Artikel.

„Ich habe das Gefühl, alle haben besseren Sex als wir!“ Diesen Satz hört wohl keiner gerne, weder Mann noch Frau. Meistens trifft das mit dem besseren Sex [1] auch gar nicht wirklich zu, aber natürlich gibt keiner beim gemeinsamen Treffen mit den engsten Freunden, bei dem ein bisschen zu tief ins Glas geschaut wird und es früher oder später vielleicht zum Thema Sex kommt, zu, dass er unzufrieden im Bett [2] ist. Somit behaupten alle, den besten Sex überhaupt zu haben – oder zumindest runum zufrieden zu sein. Kaum zu Hause angekommen, ist die Frustration groß und im Bett steigt der Leistungsdruck besonders ausdauernd sein zu müssen oder bestimmte Praktiken zu erfüllen. Meist geht dieser Schuss jedoch nach hinten los und vor lauter Stress funktioniert dann gar nichts mehr. Doch was löst Leistungsdruck für Mechanismen im Körper aus? Und wie schafft man es, wieder umzudenken und den Sex zu entschleunigen?

Leistungsdruck im Bett – der Anfang vom Ende?

Hier gibt es keine geschlechtsspezifischen Präferenzen, beide Geschlechter setzen sich beim Sex gleichermaßen unter Druck. Man hat immer das Bild vom perfekten Akt im Kopf und möchte „mithalten können“. Was eigentlich „normaler Sex“ ist, wissen die meisten gar nicht mehr, bzw. das Bild ist durch die Medien für manche Frauen und Männer komplett verzerrt worden.

Womit setzen sich Frauen unter Druck?

„Ich will jetzt kommen!“ – manche Frauen fordern von sich Lust auf Knopfdruck und erwarten, dass sie garantiert zum Orgasmus kommen müssen, egal wie. Dabei ist es gerade für den weiblichen Part wichtig, dass vor dem eigentlichen Akt ein ausreichendes Vorspiel [3] stattfindet. Die Stimmung muss passen, sie sollte vom Partner verwöhnt und stimuliert werden. Sollte sie gerade Lust auf liebevollen Kuschelsex [4] haben, so gesteht sie das dem Partner viel zu selten, weil sie meint, der möchte nun den heißen Vamp im Bett. Ein weiterer Punkt ist das Aussehen: Die dauernde Frage, ob sie noch attraktiv [5] für ihn ist, macht vieles kaputt. Meist hat der Sexpartner überhaupt nichts auszusetzen, aber die Frau findet sicherlich immer eine No-Go-Zone, die in ihren Augen lieber unter der Decke verborgen bleiben sollte.

Womit setzen sich Männer unter Druck?

Das Männerproblem Nummer eins: Wer kann am längsten? Männer setzen sich oft selbst unter enormen Leistungsdruck, sie wollen eine besonders ausdauernde Erektion bieten, die möglichst abwechslungsreichen und langen Sex ermöglicht. Natürlich können sie ihre Partnerin auch mit der Zunge [6] oder den Händen befriedigen, aber manchen Männern passt das nicht, wenn es ihr bestes Stück nicht „alleine“ schafft. „Wenn sie beim Verkehr nicht zum Orgasmus [7] kommt, habe ich versagt“, so lautet dann das Urteil. Was manche Männer dabei nicht bedenken: Eine Vielzahl der Frauen kommt ohnehin durch bloße Penetration nicht zum Höhepunkt und benötigt die zusätzliche Stimulation der Klitoris und des G-Punktes [8].

Was sind die Folgen von Leistungsdruck beim Sex?

Es gibt sie natürlich, die Sorte Mensch, die nur unter Druck gute Arbeit leistet, das bezieht sich dann aber meistens auf den Job. Im Bett sieht es da leider anders aus. Der Körper gerät unter Stress und wehrt sich. Man ist angespannt und kann sich nicht mehr einfach fallen lassen. Bei Frauen führt das dazu, dass sie nicht mehr feucht werden, der Sex mitunter weh tun kann und absolut keinen Spaß mehr macht. Bei Männern kann sich das auf die Erektion [9] auswirken, das heißt, der Penis wird nicht richtig hart oder erschlafft im falschen Moment. Durch die Angst, den Partner nicht befriedigen zu können, tritt häufig auch eine vorzeitige Ejakulation auf. Schlimmstenfalls spult man nun noch ein bestimmtes Programm ab, um es irgendwie hinter sich zu bekommen, denn kein Sex ist ja auch keine Lösung. Doch manchmal reicht es auch dazu nicht mal mehr, wer schon vorher glaubt oder weiß, dass er “versagen” wird, der möchte gar nicht erst intim werden. Ein Teufelskreis!

Die Porno-Falle – warum viele Filme nichts mit der Realität zu tun haben.

Mal einen Pornofilm [10] zur Anregung oder um auf neue Ideen zu kommen anschauen? Warum nicht! Je nach dem bzw. je nach Art des Films fühlen sich manche Frauen und Männer danach aber manchmal noch frustrierter, denn die Männer dort scheinen endlos lange „zu können“ und die Frau bei der kleinsten Berührung einen tollen Orgasmus zu haben. Sex wird in allen Positionen stundenlang praktiziert. Oft vergisst man dabei, dass das (meistens) Schauspieler sind, die dafür bezahlt werden. Zärtlichkeit und Intimität – Fehlanzeige. Der Sex steht im Vordergrund. Außerdem ist die Masse an Pornos eher unüberschaubar. Männer fühlen sich durch das Betrachten pornographischer Filme samt deren muskulösen und gut ausgestatteten Protagonisten meist darin bestätigt, dass sie genauso sein müssen, damit sie eine Frau befriedigen können. Frauen hingegen wird das Bild vermittelt, dass sie ebenfalls so gelenkig sein müssen, ebenso bereitwillig alle Stellungen ausführen und während dessen natürlich noch multiple Orgasmen [11] haben sollten. Glücklicherweise gibt es aber mittlerweile auch viele Pornoproduzenten, die bemerkt haben, dass es einen Markt jenseits der oberflächlichen Pornografie gibt und dass die Nachfrage nach realistischen und niveauvollen Pornos steigt – mit der ganzen Bandbreite von zart bis hart.

Wie kann man Leistungsdruck beim Sex verhindern?

Nach all dem geschilderten Druck, den man sich selbst macht und der von außen herrscht, ist es schwierig, sofort alles zu verändern. Das Wichtigste ist, dass man erkannt hat, dass der Leistungsdruck im schlimmsten Fall alles zerstört und man ihn überwinden möchte. Dazu braucht es Geduld und das Vertrauen zum (Sex-)Partner. Man sollte nur das praktizieren, was man auch wirklich möchte und nicht nur um des Partners Willen eine Sache ausführen, obwohl man in Wirklichkeit keine Lust darauf oder gar eine grundsätzliche Abneigung hat. Es klingt so banal und ist doch unabdingbar: reden Sie mit ihrem Sexpartner und finden sie gemeinsam eine Lösung, das gilt auch für erotische Affären, denn gerade hier haben viele auch an sich selbst den Anspruch, “besonders gut im Bett” sein zu wollen. Meist macht man sich viel zu viele Gedanken über Sachen, die den Partner vermeintlich stören. Die vermeintlichen „Makel“, die man selbst an sich findet, fallen jedoch für den Partner vorwiegend gar nicht ins Gewicht. Entspannungsübungen und Beckenbodentrainin [12]g können “ihr“ helfen, die Orgasmusfähigkeit zu steigern und “ihm“, die sexuelle Ausdauer zu verbessern; dies ist aber nur der positive Nebeneffekt, im Vordergrund steht, dass Sie ein besseres Körpergefühl [13] erlangen und somit automatisch zufriedener mit sich selbst sind.

Überwinden Sie den Drang, sich beim Sex etwas beweisen zu wollen, und somit den Leistungsdruck

Leistungsdruck hat bei der schönsten Nebensache der Welt nichts zu suchen, wenn Sie das verinnerlichen können, ist das schon die halbe Miete. Suchen Sie das Gespräch mit Ihrem (Sex-)Partner und machen Sie sich danach einen entspannten Abend. Ein Gläschen Rotwein, eine schöne Atmosphäre – schon fühlt man sich besser.

Es muss ja auch nicht immer nur Sex mit Penetration sein, verwöhnen Sie sich ruhig erstmal eine Weile gegenseitig auf andere Arten bis zum Orgasmus, somit ergibt sich alles nach und nach wie von selbst. Der Genuss sollte im Vordergrund stehen. So wird gleichzeitig die Kommunikation über das eigene Liebesleben angekurbelt und davon profitieren beide Seiten. Und gibt es etwas Schöneres als entspannten Sex? Eben.