Wo fängt Fremdgehen an: Gedanken, Flirten oder Sex?

Wo fängt Fremdgehen an? Flirten oder Sex?

Für die einen ist es Sex, für die anderen sogar schon ein nettes Lächeln: Bei der Frage “Wo fängt Fremdgehen an?” gehen die Definitionen auseinander. Vom bekannten „Wir haben doch nur geknutscht!“ über “das bisschen Fummeln” relativiert manch eine(r) einen Seitensprung, während es für andere gar nicht der Rede wert ist. Was versteht man also noch unter einem harmlosen Flirt und was ist tatsächlich ein Seitensprung? Und kann man überhaupt verallgemeinern, wo Fremdgehen beginnt?

Im Laufe einer längeren Beziehung gehen rund ein Viertel aller Frauen und ein Drittel aller Männer wenigstens einmal fremd. Aber wo fängt Fremdgehen an? Geht man schon fremd, wenn man beim Sex an eine andere Person denkt? Ist es eine innige Umarmung, ein Kuss oder doch erst der Geschlechtsakt an sich, der die Grenze zum Seitensprung markiert? Es liegt auf der Hand: Eine eindeutige Antwort darauf, wo Fremdgehen eigentlich beginnt, gibt es nicht – die Meinungen hierüber sind individuell sehr verschieden.

Wo fängt Fremdgehen an? Da scheiden sich die Geister

Für die einen beginnt Fremdgehen bereits im Kopf: „Wenn mein Partner mit mir Sex hat und dabei an seine Arbeitskollegin denkt, dann ist das für mich ganz klar ein Betrug“, meint Silke (37). Mit dieser Ansicht steht sie nicht allein da. Dabei spielt es auch keine Rolle, ob diese Gedanken einer realen Person aus dem Umfeld gelten oder einem hübschen Wesen in der Fußgängerzone. Auch das Betrachten von Filmen oder Bildern mit pornografischem Inhalt wird dann möglicherweise schon als Betrug bewertet. Wieder andere sehen einen Flirt als Beginn eines Seitensprungs.

Fremdgehen ist heutzutage nicht immer negativ behaftet

Für viele Frauen und Männer gilt hinsichtlich der Frage, wo Fremdgehen anfängt, wohl die Definition: Alles, was mit bewusst lustvollen, erotischen Berührungen (küssen, streicheln, liebkosen etc.) zu tun hat, ist bereits eine Grenzüberschreitung. Sex haben – dazu zählt auch Oralverkehr, der oft als noch intimer bewertet wird – ist in jedem Fall Fremdgehen. Aber, und das ist der große Unterschied, nicht bei allen ist die Bedeutung von Fremdgehen negativ behaftet. Heutzutage sind immer mehr Menschen imstande, Lust und Liebe voneinander zu trennen.

Warum sind die Vorstellungen von Fremdgehen so unterschiedlich?

• Menschen verfügen über unterschiedliche Wertesysteme. Die Vorstellungen von Ethik und Moral gehen oft auseinander, vor allem bei Themen wie Sex, Seitensprung und Fremdgehen. Was für den einen moralisch unbedenklich ist, ist für einen anderen schon nicht mehr vertretbar. Oft werden die Weichen für diese Wertvorstellungen bereits in der Kindeserziehung gestellt.

“Selbstbewusste, offene Menschen sind toleranter, wenn es um die Defnition von Fremdgehen geht.”

 

• Sexuelles Selbstbewusstsein spielt ebenfalls eine Rolle. Es hat zum Beispiel Einfluss auf die Ausprägung von Eifersucht. Menschen mit Verlustangst neigen dazu, in an sich harmlosen Situationen bereits einen Seitensprung zu sehen. Sexuell selbstbewusste, offene Menschen hingegen passen ihre Definition von Fremdgehen ihrer eigenen, meist toleranteren und freizügigeren Auffassung von Treue an.

• Die Dauer und Intensität einer Beziehung und der damit verbundene Exklusivgedanke beeinflussen die Vorstellungen ebenso.

• Gebranntes Kind scheut das Feuer: Wer in seinem Leben schon einmal erfahren musste, dass ein vermeintlich harmloser Flirt des Partners irgendwann doch im Bett geendet ist, wird seine vielleicht einst tolerantere Einstellung zum Fremdgehen revidieren. Besonders dann, wenn durch den Seitensprung die Beziehung zu einem geliebten Menschen in die Brüche ging.

• Sexuell offene und tolerante Menschen, die trotzdem in einer Liebesbeziehung leben, beziehen den Exklusivanspruch an ihren Partner eher auf das Liebesgefühl. Sex als solcher, auch mit einem anderen Partner, wird in einer offenen Beziehung dann einvernehmlich toleriert. Und damit stellt sich dann gar nicht die Frage: Wo fängt Fremdgehen an? Solange Abmachungen eingehalten werden und Offenheit und Ehrlichkeit verbindlich bleiben, sind bei einem Seitensprung auch keine Anzeichen für einen Vertrauens- oder Treuebruch gegeben.

Kann Kopfkino schon Fremdgehen sein?

Nein. Die Gedanken sind frei. In dem Moment, wo Ihnen durch den Kopf schießt: „Daran darf ich nicht mal denken“, haben Sie es ja bereits getan. Gedanken sind nicht abzustellen, auch nicht, während Sie Sex mit ihrem Partner haben oder sich selbst befriedigen. Bei 70 % aller in Beziehung lebenden Menschen schweifen die Gedanken während des Liebesspiels durchaus ab.

Tipp: Das, was beim lustvollen Miteinander passiert, entscheidet darüber, wie viel Platz noch für Kopfkino beim Sex bleibt. Gewohnheit und Routine laden förmlich dazu ein, das Kopfkino anzukurbeln. Wenn Sie sicher gehen wollen, dass Ihr Partner vollends bei Ihnen ist, lohnt es sich, wieder einmal eine ausgefallene Idee in die Tat umzusetzen und ihn damit zu überraschen. Außergewöhnliches schärft die Wahrnehmung und fordert volle Aufmerksamkeit. Deswegen ist der Sex im Rahmen einer Affäre so unbeschwert und gut: Man lässt sich eher auf Neues ein, teilt seine Phantasien oft sogar offener als mit dem Partner und ist mit dem Kopf voll bei der Sache.

„Fremdgehen? Wir sind uns einig!“

Die negative Assoziation mit dem Wort Fremdgehen und somit auch die Frage “Wo fängt Fremdgehen an?” erledigen sich, wenn eine Affäre oder ein Seitensprung keinen Vertrauens- oder Treuebruch mehr darstellen. Sobald sich ein Paar darauf verständigt hat, Beziehung und Sex zu trennen, unterliegt der körperliche Aspekt nicht mehr den Ansprüchen der Monogamie. Dann können beide ihre Lust auch mit anderen ausleben. In der Regel werden hierfür Rahmenbedingungen vereinbart, an die sich die Partner halten – dann ist es auch kein „Betrug“ mehr. Schon gar nicht, wenn der Sex mit jemand Fremdem, aber in Gegenwart des Partners geschieht. Zum Beispiel in einem Swinger-Club.

Was macht Fremdgehen dann tatsächlich aus?

Letztlich ist das wohl die Frage der Beweggründe. Die Wenigsten, die fremdgehen, tun dies vorsätzlich, um ihren Partner zu verletzen. Die meisten möchten mit einem Seitensprung aus dem Alltag ausbrechen, die Tristesse des ehelichen Sexlebens, Langeweile und unerfüllte Sehnsüchte zu kompensieren. Ihren Partner lieben sie in der Regel trotz alledem. Meist gelingt es ihnen sogar durch die Affäre, wieder ausgeglichener und entspannter innerhalb der Partnerschaft zu werden. Sicher: Liebe bedeutet, sich auch körperlich nahe zu sein – aber sexuelles Begehren lässt sich nicht immer nur auf eine Person konzentrieren. Und manchmal kann ein Seitensprung auch eine Chance für die eigene Beziehung bedeuten. “Wo fängt Fremdgehen an? Diese Frage habe ich mir oft gestellt”, sagt Margret (45). “Und ich bin zu dem Enschluss gekommen, dass Fremdgehen für mich dann beginnt, wenn ich meinen Partner emotional betrüge. Sex und Erotik mit einer fremden Person kann ich also genießen, weil nicht die tiefe Liefe im Spiel ist, die ich für meinen Partner empfinde. Unser gemeinsames Leben bleibt von meinem Seitensprung unangetastet.”

Fremdgehen: eine Frage der persönlichen Einstellung

Das eigene Empfinden und die eigenen Wertvorstellungen legen fest, wo Fremdgehen beginnt. Im besten Falle haben innerhalb einer Partnerschaft beide dieselbe Einstellung dazu und können eine verbindliche Vereinbarung treffen. Wer einen Seitensprung begeht und dabei ein schlechtes Gewissen hat, spürt automatisch, dass er wohl in diesem Falle nicht im Einklang mit den eigenen Vorstellungen gehandelt hat. Aber selbst dann gilt: Wenn die Gründe für den Seitensprung rein sexueller Natur sind, man ansonsten aber an der Beziehung festhält und den Partner noch liebt, ist dies kein Signal, sich zu trennen.

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