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Dauergrinsen adé: Warum man nicht immer nett sein muss

Es ist schön, wenn alle um einen herum nett und freundlich sind – man selbst eingeschlossen. Doch leider gibt es oft auch eine Kehrseite, denn wer immer nur nett und hilfsbereit ist, dessen Gutmütigkeit wird auch ab und an ganz gerne ausgenutzt.

Was bringt uns also dieses ständige Nettsein? Na ja, vielleicht kurzfristige Harmonie. Aber ob das auf Dauer so gut ist? Nettsein oder viel mehr „zu nett sein“, das muss man ganz deutlich sagen, ist hauptsächlich ein „Frauenproblem“. Obwohl wir es oft besser wissen, fällt es uns schwer, zu akzeptieren, dass wir nicht jedermanns Liebling sein können. Frauen haben ja das „weibliche Verständnis“ sozusagen mit der Muttermilch aufgenommen und verstehen ihre Mitmenschen wunderbar. Sie gehen – ohne Rücksicht auf ihre eigenen Interessen – meistens auf die Bedürfnisse der anderen ein und haben ein hohes Maß an Empathie. Aufgrund dessen sind Frauen in Sachen Einfühlungsvermögen meist den Männern voraus.

Ob in Liebe, Job, Familie oder Nachbarschaft, man kann es nicht immer allen recht machen. Und kein Mensch schafft es, von allen geliebt zu werden. Wer es trotzdem krampfhaft versucht, indem er immer nett ist, bleibt selbst auf der Strecke. Gute Mädchen tun meistens das, was andere von ihnen erwarten und machen sich Gedanken darüber, was andere von ihnen denken könnten. Sie passen sich ihrer Umgebung wie ein Chamäleon an und haben stets ein Auge darauf, was ihr Gegenüber sich von ihnen wünschen könnte. Wer also seinen eigenen Weg gehen will, auf dem er für seine Bedürfnisse auch einsteht und sie nicht verdrängt, muss damit rechnen, dass es zu Konflikten mit Partner, Vorgesetzten oder Arbeitskollegen kommen kann. Immerhin sind Sie dann „so anders als sonst“. Keine Angst, diese Phase geht vorbei, wenn die anderen erst mal verinnerlicht haben, dass man nicht alles mit Ihnen machen kann.

Warum zu nette Frauen auch bei der Partnersuche nicht immer besser dran sind

Manche glauben ja noch an die alte Weisheit, dass „böse Mädchen” zwar bewundert, aber die guten und netten geheiratet oder zumindest für langfristige Beziehungen bevorzugt werden. Allerdings ist Heiraten ja nicht gleichzeitig eine Liebesgarantie. Brave Mädchen tun zu viel, um dem jeweiligen Mann zu gefallen, etwa indem sie immer zur Verfügung stehen, immer nachgeben und keine einzige Meinungsverschiedenheit heraufbeschwören möchten. Das könnte ihn ja verärgern. Eigene Interessen und Hobbys werden hinten angestellt oder ganz aufgegeben, wenn es nicht zur Beziehung passt. So eine Partnerin mag für einen Mann zwar bequem sein, aber – und das gilt ganz grundsätzlich – man verliebt sich selten in das Bequeme, sondern viel lieber in jemanden, der spannend und individuell ist, und von dem man erst mal nicht sicher ist, ob man ihn/sie kriegen und halten wird.

Zu nette Menschen kommen schlimmstenfalls langweilig rüber und bieten einfach zu wenig Reibungsflächen. Durch Reibung entsteht aber Hitze und die wäre bekanntlich nicht schlecht fürs Liebesleben. Wenn also jemand, der ohnehin immer und zu allen unglaublich nett ist, etwas unglaublich Nettes zu uns sagt, empfinden wir das als (*gähn*) nichts Besonderes. Jemand Selbstbewusstes, der zielstrebig ist und nicht von vorneherein zu allen nett ist, egal wie sie sich ihm gegenüber verhalten, kann uns hingegen wirklich überzeugen, wenn er ausgesprochen nett zu uns ist – und darüber hinaus beim Flirten unseren Jagdinstinkt wecken.

Entscheidungen sind manchmal unbequem …

… aber sollten nicht, nur weil Sie nett sein möchten, auf die lange Bank geschoben werden. Stellen Sie sich folgende Situation vor: Sie sind mit Ihrem Partner seit etwa fünf Jahren zusammen. Eigentlich läuft in der Beziehung nichts mehr rund und, wenn Sie sich’s recht überlegen, sind die Gefühle für den Partner auch mehr oder weniger von dannen getrabt. Wie gehen Sie damit um? Machen Sie Schluss, denn lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende? Oder warten Sie bequemerweise darauf, dass er den ersten Schritt macht und Ihnen die Entscheidung abnimmt? Oder sichern Sie sich vermeintlich ab, in dem Sie schon die Fühler nach jemand anderem ausstrecken aber dennoch mit der Trennung abwarten, ob´s nicht doch von selbst nochmal besser wird?

Damit nicht andere für Sie und Ihr Leben entscheiden, müssen Sie sich selbst zu einer Entscheidung aufraffen. Sonst lebt man sozusagen ein Leben „in der Schwebe“. Und das ist nichts Halbes und nichts Ganzes.

Warum sagen wir zu oft „Ja“?

Es gibt bestimmte Situationen, in denen wir in Verhaltensmuster fallen, die nicht gesund für uns sind. Es ist wichtig, diese zu kennen:

Angst, dass man nicht gemocht wird, wenn man dies oder jenes nicht tut

• Angst, eine Bitte abzulehnen (z. B. bei der Arbeit) und unangenehme Folgen heraufzubeschwören

• man möchte nicht den Eindruck vermitteln, egoistisch oder herzlos zu sein

• man möchte das Gefühl haben, gebraucht zu werden

• Angst, nicht mehr „mitten im Geschehen“ zu sein, wenn man nicht auf jede Feier geht oder bestimmte Aufgaben übernimmt

Zu viel „nett sein“ kann auch krank machen

Wer zu lange zu nett zu allen anderen und zu gut für die Welt ist, kann theoretisch sogar psychisch krank oder schlimmstenfalls von Suchtmitteln abhängig werden. Der Druck, immer Everybody´s Darling zu sein, schlägt auf Dauer auf die Psyche. Viele sind dann mit sich und ihrer Umwelt völlig überfordert, weil sie wegen Beruf oder Familie ihre eigenen Interessen und Ziele vollkommen aus den Augen verloren haben. Das Vertrackte an der Sache ist jedoch: In den meisten Fällen fühlen sie sich als Opfer der Umstände. Also, nicht sie selbst, sondern immer die anderen wie z. B. der anstrengende Arbeitgeber oder der fordernde Partner oder gar die Kinder sind dafür verantwortlich, dass sie sich überfordert fühlen. Sie haben die Verantwortung für ihr Leben sozusagen an die Umstände abgegeben. „Nein“ sagen, so könnte man behaupten, ist also das beste Mittel gegen Burnout.

Kann man böse sein lernen? Und soll man das überhaupt?

Auf jeden Fall kann man lernen, nicht immer nur nett zu sein. Es dauert nur ein bisschen. Immerhin muss ein lange praktiziertes Verhalten ausgemerzt werden. Aber es geht auch gar nicht darum, auf einmal unfreundlich zu werden – vor allem nicht vorsätzlich. Sie sollen nicht plötzlich mit grimmiger Miene durchs Leben laufen oder ihre Mitmenschen drangsalieren. Nehmen Sie einfach nur den Druck von sich, es mit einem Dauerlächeln auf den Lippen allen und jedem Recht machen zu wollen, vor allem, wenn Sie sich von jemandem nicht gut behandelt fühlen. Manche Menschen in Ihrer Umgebung werden vielleicht beleidigt reagieren oder sich gar erstmal zurückziehen. Letztendlich kommt es jedoch auch Ihren Mitmenschen zugute, wenn Sie ehrlich wissen, woran Sie bei Ihnen sind.

Der Weg von Everybody’s Darling zu sich selbst

Um ohne Druck sich verstellen zu müssen zu sich selbst zu finden, sind kleine aber wichtige Umstellungen nötig. In Zukunft zu sich selbst „yes“ zu sagen und öfter mal „no“ zu anderen. Auch in der Partnerschaft dürfen und sollen Grenzen gezogen werden. Beachten Sie außerdem:

• Prioritäten setzen ist wichtig. Herausfinden, was man wirklich will und langsam üben, auch mal “Nein” zu sagen. Und siehe da, das Leben geht weiter, auch wenn man nicht überall dabei ist. Vorteil: der gewonnene Freiraum kann auf ganz neue Art genutzt werden.

• Vielen Frauen fällt es schwer, das Wort “Nein” in den Mund zu nehmen oder “Ich will” auszusprechen.

• Die eigenen Bedürfnisse nicht vernachlässigen und klar und deutlich diese auch äußern.

• Stärken Sie Ihr Selbstbewusstsein.

• Lernen Sie, wann Schluss mit lustig ist und Andere sich selbst um ihre Probleme kümmern sollten.

• Selbstfindung und ein selbstbestimmtes Leben (er)leben – das ist Ihr Ziel.

Wer sein „Nein“ so begründet, dass der Andere dieses auch verstehen kann, verletzt damit auch niemanden. Die Absage sollte natürlich keine persönlichen Gründe beinhalten, finden Sie einfach die richtigen Worte, wenn es darum geht, einen Gefallen mal nicht zu tun, wenn Sie eigentlich gerade keine Zeit oder keine Lust dazu haben. Denn selbstverständlich sind Sie für Ihre Freunde da, wenn diese Sie wirklich brauchen.

Erwarten Sie für Hilfsbereitschaft keine Gegenleistung und gehen Sie etwas toleranter mit den Wünschen Ihrer Mitmenschen um. Und wenn Sie es auch mal gebrauchen können, drehen Sie den Spieß doch einfach mal um und bitten Sie andere um Hilfe. Ja, nämlich auch das will geübt werden.

Ihre Irene

(Der verlorenste aller Tage ist der, an dem man nicht gelacht hat.)