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Soll ich heiraten? Ist die Ehe noch aktuell?

Nicht jeder von uns macht es wie die Präriewühlmaus und bleibt seinem Partner lebenslang treu. Es beginnen auch nicht viele Ehen mit einer vierzigstündigen Dauerkopulation, wie es bei den kleinen Tierchen der Fall ist. Dieses lange Liebesspiel sorgt jedoch für die Ausschüttung des Hormons Oxytocin, welches als Bindungshormon bekannt ist. Und schwups, schon ist die Einehe geboren. Ein kleiner Trost: Auch bei den Präriewühlmäusen läuft die spätere Fortpflanzung schneller und weniger leidenschaftlich ab. Und das kommt uns doch schon wieder irgendwie bekannt vor, oder? Heutzutage stellt sich immer mehr und mehr die Frage: Soll ich überhaupt heiraten?

Die meisten Frauen stellen sich ihre Hochzeit mehr oder weniger ähnlich vor: Hochzeitskutsche, ein weißes, märchenhaftes Brautkleid, ein rauschendes Fest, vorher natürlich ein supertoller Polterabend und danach ab in die Flitterwochen auf die exotische Insel. Man will ja schließlich nur einmal heiraten, daher ist man wohl auch bereit, sich das Ganze etwas kosten zu lassen. Aber leider hat man deswegen keine Garantie, dass die Ehe hält.

WIE man heiratet, spielt kaum eine Rolle

Es gibt auch die kostengünstige und total unromantische Variante, wie ich sie übrigens hinter mir habe. Seit man keine Trauzeugen mehr benötigt, kann man den Akt beim Standesamt ja in trauter Zweisamkeit hinter sich bringen. Und man muss ja auch nicht unbedingt allen verraten, dass man heiratet, oder? Die Standesbeamtin war denn doch etwas schockiert, dass außer meinem Mann und mir niemand dabei sein sollte. Also, DAS hätte sie in ihrer ganzen Laufbahn noch nicht erlebt, ließ sie uns wissen. Ja, es gibt eben immer ein erstes Mal [1]. Nach der Eheschließung hatten wir es uns also zu dritt mit einer Flasche Sekt und Pavarotti als Hintergrundmusik gemütlich gemacht und Frau Standesbeamtin fand es dann doch irgendwie schnuckelig. Bevor sich mein Schwips weiter ausbreiten konnte, ging es dann zum Mittagsbuffet ins China-Restaurant. Fairerweise wollten wir dann wenigstens meinen Eltern die Neuigkeit überbringen. Meine Mutter wunderte sich über den Besuch mitten unter der Woche und fragte mich, warum wir uns denn so aufgebrezelt hätten. „Na ja, weil wir auf einer Hochzeit waren“, klärte ich sie auf.

„Ach, wer hat denn geheiratet?“

„Äh, ich!“

„WAAAAS???!!!“

Lange Rede, kurzer Sinn: egal, welche der beiden Varianten Sie wählen, es gibt keine Garantie für die Beständigkeit einer Ehe!

Es stellt sich ohnehin die Frage, ob Heiraten überhaupt noch erstrebenswert ist, immerhin wird mittlerweile jede zweite Ehe geschieden. Bemerkenswert ist auch, dass zum Beispiel im Jahr 2008 exorbitant viele Ehen nach 26 und mehr Ehejahren geschieden wurden, also nach mehr als einem Vierteljahrhundert. Freiheit, die ich meine …

Zweifelsohne haben sich die Beziehungsformen geändert, heutzutage hat man neben der Monogamie ja noch weitere Lebensformen zur Auswahl, wie etwa Polyamorie [2] oder Polygamie, LAT [3] (Living Apart Together), offene Beziehungen [2] im Allgemeinen oder man genießt sein Leben als Single [4].

Heiraten: Wie war das noch vor 50 oder 60 Jahren?

Wer 1950 geheiratet hat, tat dies mit hoher Wahrscheinlichkeit nur, weil die Dame beim „ersten Mal“ schwanger wurde. Da gab es gar kein Vertun, es wurde geheiratet, das gehörte sich einfach so. Vielen Frauen blieb auch gar nichts anderes übrig. Die gesellschaftliche Struktur war eben eine andere als heute. Die wenigsten Frauen hatten einen Beruf, der Mann war noch der Versorger. Die Frau war größtenteils entrechtet und wurde, so hart es klingt, eher als Investition in die Zukunft gesehen. Ihre Aufgaben bestanden in der Kindererziehung und darin, der Familie ein schönes Heim zu bereiten. Sicher nicht alle Paare werden damals also aus reiner Liebe [5] geheiratet haben.

Als Alice Schwarzer auf die Straße gegangen ist, gab es noch keine Pille, ein uneheliches Kind zu bekommen, war für die Frau eine Katastrophe. Frauen mit unehelichen Kindern wurden gesellschaftlich geächtet. Wenn die Familie nicht half, hatten sie keinerlei Rückhalt. Die Männer mussten, wenn sie Pech hatten, zahlen. Doch längst nicht immer, denn DNA-Analysen gab es noch nicht. Als Frau mit unehelichem Kind bekam man kaum eine Wohnung, geschweige denn eine Ausbildung. Die Frau war sogar in vielen Kreisen dann eine „Schande für die Familie”, die Unterstützung vom Sozialamt half vielleicht gerade, nicht zu verhungern. Und die Kirche? Für die war sie eine Sünderin, moralisch verkommen.

Noch bis 1977 (!) durften Frauen nur mit Zustimmung ihres Ehemannes einen Arbeitsvertrag abschließen oder ein Bankkonto führen. Für Bankgeschäfte benötigten sie also die Vollmacht des Ehegatten.

Die neuen Ehen: Wie es heute ist

Die gesellschaftlichen Umstände haben sich Gott sei Dank gravierend geändert. Das macht die Sache aber nicht unbedingt immer einfacher. Die Ehe ist, wie Beziehungen allgemein heute, viel komplexer als vor drei Generationen. Dass sie wirklich ein Leben lang hält, dessen kann man sich heute auch nicht sicher sein, weniger denn je. Bei der Frage, ob man dem Partner zur Seite stehen möchte „bis dass der Tod euch scheidet“, antwortet man mittlerweile immerhin im Hinblick auf einen Zeitraum von meist 40 bis über 50 Jahren. Dass die Wahrscheinlichkeit einer Scheidung mit zunehmender Dauer der Ehe auch größer werden könnte, ist anzunehmen. Lässt das Interesse am Ehepartner nach, lebt man sich außeinander oder streitet sich ununterbrochen, wird heute die Ehe geschieden, da die berechtigte Aussicht besteht, einen neuen Partner kennen zu lernen. Gemeinsame Kinder und der Ehemann als Versorger sind für Frauen heute auch keine zwingenden Gründe für eine Heirat mehr. Wobei manche sicher auch heiraten, weil es „an der Zeit ist“ und einfach dazu gehört – man will im Freundeskreis ja nicht zu sehr auffallen. Und ja, es gibt sie auch, zum Glück: Die Hochzeiten aus Liebe, bei denen man sich füreinander entscheidet, weil man zusammen als Frau und Mann alt werden und glücklich bleiben möchte.

Bis in alle Ewigkeit: Was spricht für die Ehe?

Der einzige wirkliche Grund für die Ehe ist in meinen Augen ein durchaus romantischer. Wie man so schön sagt, man hält zusammen und liebt sich „in guten wie in schlechten Tagen“. Dass das nicht immer gelingt, wissen wir alle. Aber das spricht nicht unweigerlich gegen die Ehe. Eine Heirat unterstreicht die Besonderheit der Partnerschaft, den Wert, den beide ihr zuschreiben. Sie beinhaltet das Versprechen, zumindest alles zu versuchen, den Rest des Lebens zusammenzubleiben, die Herausforderungen des Lebens gemeinsam zu meistern und die Geschenke und Freuden gemeinsam zu genießen. Heiraten ist ein wunderschönes Erlebnis im Leben eines jeden Menschen, der sich eine Ehe wünscht, und sollte nicht durch nüchterne Statistiken getrübt werden.

Man erlebt ein Wir-Gefühl, quasi ein „Wir gegen den Rest der Welt!“. Man möchte sich zu dem Partner bekennen und dies auch nach außen zeigen. Ich denke, der finanzielle Faktor ist heutzutage weniger das Ausschlaggebende, sondern eher die emotionale Sicherheit. Wobei es nach wie vor viele Paare gibt, bei denen ein Partnerteil finanziell vom anderen abhängig ist. Leider sind es immer noch öfter die Frauen, gerade, wenn sie für Kinder und Familie ihre Ausbildung und Karriere hinten anstellen.

Besser nicht: Was spricht gegen die Ehe?

Eine „wilde Ehe“, bei der man zwar in einer Partnerschaft lebt, aber nicht verheiratet ist, beinhaltet immer auch eine kleine Unverbindlichkeit,  hält sozusagen ein Hintertürchen auf und wenn es nicht klappt, geht man relativ mühe- und kostenlos wieder auseinander. Lässt man sich hingegen scheiden, muss man einen Anwalt bemühen, der Geld kostet, man muss sich einigen, Vermögenswerte feststellen und man streitet sich vielleicht noch um diverses Geschirr und sonstige Dinge – vom Sorgerecht für Kinder mal ganz abgesehen.

Gründe, die zur Heirat bewogen haben, können mit der Zeit als einengend empfunden werden. Das Zusammengehörigkeitsgefühl wird zur Fessel. Die finanzielle Sicherheit wird zur Abhängigkeit.

Es besteht in einer Ehe auch die Gefahr, dass man sich „hängen“ lässt, weil man sich des Partners sehr sicher ist. Falls Sie verheiratet sind, seien Sie mal ehrlich: Achten Sie noch genauso wie früher auf Ihr Äußeres? Oder laufen Sie nur noch ungeschminkt im Jogginganzug durch die Welt? Vielleicht halten Sie sich ja noch recht wacker, dafür erkennen Sie Ihren Partner nach all den Jahren nicht wieder? Nun ist Aussehen ja etwas an sich Oberflächliches, dennoch zeigt die Realität, dass viele Frauen und Männer es mehr als bedauern, wenn der Partner sich diesbezüglich über die Jahre komplett verändert. Viel wichtiger ist dennoch: Kann man mit dem Partner noch interessante Gespräche führen? Oder unterhält man sich nur noch über das Wetter und die Nachbarn? Bemüht sich der Partner um Sie? Oder geht er im Grunde nur noch den eigenen Interessen nach? Bekommt man Aufmerksamkeit? Ja, hat man überhaupt noch das Gefühl, GEMEINSAM an einem Strang zu ziehen? Oder ist das Zusammenleben geprägt durch Streit, Abweisung und im schlimmen Fall sogar psychischen Verletzungen? Tatsächlich – und jetzt sind wir doch wieder bei der nüchternen Statistik – scheitern laut einer Studie des Instituts für Demoskopie Allensbach die meisten Ehen früher oder später an dem Druck, der auf ihnen lastet. Geprägt von Meinungsverschiedenheiten, Verlusstängsten und gleichzeitig dem Gefühl, etwas zu verpassen. Führende Psychologen wie Prof. Dr. Insa Fooken sehen einen der häufigsten Gründe für scheiternde Ehen darin, dass sie von Anfang an nie glücklich waren und nur aus konventionellen Gründen aufrechterhalten wurden. Man wollte beispielsweise die Eltern nicht enttäuschen oder eben verheiratet sein, weil es so viele sind.

Der Mensch neigt eben zur Bequemlichkeit

Mir persönlich ist bei meinen Recherchen aufgefallen, dass fast alle Frauen, die geschieden wurden bzw. mit Trennungstendenzen gerade noch verheiratet sind, eine erneute Heirat ablehn(t)en. Einige möchten sich sogar überhaupt nicht mehr fest binden, andere streben zwar irgendwann wieder eine Partnerschaft an, jedoch möglichst mit getrennten Wohnungen und auch sonst mit deutlich mehr Freiheiten. Der Kompromiss aus Ehe und wilder Ehe als Zukunftsmodell?

Man kann es natürlich auch halten wie Elisabeth Taylor, die sagte nämlich mal: „Ich habe nur mit Männern geschlafen, mit denen ich auch verheiratet war.“ Das tat sie immerhin achtmal und war insgesamt 33 Jahre verheiratet. 😉

Ihre Irene

(Der verlorenste aller Tage ist der, an dem man nicht gelacht hat.)