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Liebe beginnt im Kopf: Neurobiologie der Lust

Liebe und die Hormone

Das hat die Natur so gewollt! Wenn wir Lust und Liebe empfinden, spielt sich im Gehirn großes Kino ab. Ein Blick hinter die neurobiologischen Kulissen eröffnet dabei spannende Erkenntnisse über Verliebtseins-Gefühle, wahre Liebe und Co.

Rosarote Brille, Schmetterlinge im Bauch, Herzklopfen, Gefühlsrausch: Wenn wir verliebt sind, sorgt unser Gehirn dafür, dass wir auf Wolke sieben schweben und in einen emotionalen Ausnahmezustand geraten. Auch unser allgemeines Bedürfnis nach Sex steigert sich in diesen Phasen zu unbändiger Lust. Wir wollen am liebsten andauernd mit dem Objekt unserer Begierde in den erotischen Nahkampf gehen. Dass dies so ist, dafür sorgen verschiedene neurobiologisch Prozesse in unserm Körper – unter anderem ein Hormoncocktail, der es in sich hat. Und der unterscheidet sich in seinen Zutaten gar nicht so sehr von der explosiven Mischung, die uns auch fremdgehen lässt. Aber was passiert da eigentlich genau im Gehirn? Gibt es Unterscheide zwischen Männern und Frauen? Und können wir diesen Prozess des Verliebtseins vielleicht sogar gezielt steuern?

Verliebt oder fremdgehlustig? Was passiert dabei im Gehirn?

Das hat die Natur tatsächlich ganz schön clever eingerichtet: Wenn es um Fortpflanzung und die Erhaltung der Art geht, lässt sie sich einiges einfallen, um uns bei der Stange zu halten. Dabei spielt es auch überhaupt keine Rolle, ob wir wirklich Kinder zeugen möchten oder, wie in den meisten Fällen, einfach nur Lust auf guten Sex haben: Dass wir zumindest Zweiteres immer wieder tun möchten, liegt daran, dass Sex unser Euphorie-, Sucht- und Belohnungszentrum im Gehirn stimuliert – und befriedigt.

Kein schlechter Start: Küssen als Initialzündung

Schon beim Küssen geht es ordentlich zur Sache – auch was die chemischen Prozesse in unserem Körper angeht. Die vielen Tausend Nervenzellen von Lippen und Zunge schicken ihre Signale an die Großhirnrinde. Wird der Kuss als angenehm empfunden, setzt jetzt die vermehrte Ausschüttung unserer Lust-und-Liebeshormone ein. So ist ein leidenschaftlicher Kuss oft der Einstieg in ein berauschendes erotisches Erlebnis und die Anfangsphase des Verliebtseins. Interessant dabei: Umgekehrt geht es auch – kommt man beim Küssen nicht richtig in Fahrt, dient dies dem Gehirn bereits als Zeichen, dass die Chemie zwischen den beiden Partnern nicht stimmt. Dann bleibt auch das Hormonfeuerwerk aus, und wir bekommen das unbestimmte Gefühl, irgendwie nicht so richtig zueinander zu passen. Von Verliebtsein keine Spur.

Dopamin: die körpereigene Droge

Im Rausch der Sinne: Bei leidenschaftlicher Liebe, beim Verliebtsein und insbesondere beim Orgasmus schüttet uns er Körper eine große Dosis des Hormons Dopamin aus. Dopamin versetzt uns in eine Art Rauschzustand und stimuliert dieselben Areale im Gehirn, die sich auch unter dem Einfluss von Drogen regen. Deshalb sind sich Liebe und Sucht auch gar nicht so unähnlich: Wir begehren das, was uns befriedigt und belohnt. Und wollen es immer wieder tun. Ebenfalls vergleichbar: Irgendwann tritt ein gewisser Gewöhnungseffekt ein – dann sehen wir uns unter Umständen nach einer anderen Droge um. Auch das könnte eine biologische Erklärung dafür sein, warum wir fremdgehen.

Noradrenalin: das Glückshormon

Wenn wir verliebt sind oder sexuell begehren, sorgt der Botenstoff Noradrenalin dafür, dass wir richtig gut drauf sind. Es hebt die Laune, vertreibt Müdigkeit, senkt unser Schmerzempfinden und sorgt für euphorische Gefühle.

Oxytocin – das Bindungshormon

Wenn es etwas länger dauert: Nach den großen Gefühlsstürmen der ersten Verliebtheitsmonate setzt sich das Hormon Oxytocin durch. Es stärkt unser Vertrauen in andere Menschen und fördert unsere Bindungsbereitschaft. Wissenschaftliche Untersuchungen haben sogar ergeben, dass die ansonsten ausgesprochen monogam lebenden Präriewühlmäuse aufgeschlossener für Seitensprünge werden, wenn man bei ihnen die Ausschüttung von Oxytocin blockiert.

Warum gehen wir dann trotzdem fremd?

Ist es also ein Mangel des Hormons Oxytocin, der uns in die Untreue treibt? Ganz so eindimensional ist es sicher nicht. Ansonsten gäbe es vielleicht schon die „Treue auf Rezept“, die man ganz einfach durch die Einnahme von Hormonpräparaten erreichen kann. Es gibt einige weitere Faktoren, psychische wie physische , die unsere Bereitschaft für einen Seitensprung fördern.

 

  • Macht Schlafmangel untreu?

Klingt überraschend, ist aber nicht ganz aus der Luft gegriffen: Die Bereitschaft zu einem Seitensprung hängt auch davon ab, wie es um unsere Selbstbeherrschung bestellt ist. Und die nimmt bei einem Schlafdefizit rapide ab. Das erzeugt nämlich einen Glucosemangel – und der bewirkt wiederum, dass der präfrontalen Cortex, ein Teil des Frontallappens der Großhirnrinde, nicht mehr einwandfrei funktioniert. Die Folge sind mangelnde Selbstbeherrschung und irrationale Entscheidungen. Schon ein Schlafmangel von etwa 20 Minuten hat – das haben Untersuchungen ergeben – einen Einfluss auf unser Verhalten. Auch wenn ein Mensch sonst moralische Bedenken gegen einen Seitensprung hat, könnte ihn ausgeprägter Schlafmangel also vom Pfad der Tugend abbringen.

 

  • Ist Untreue biologisch vorprogrammiert?

Statistiken belegen es: Der Mensch scheint nicht für die ewige Treue gemacht zu sein, auch wenn er seinen Partner liebt und eigentlich in der Beziehung alles in Ordnung zu sein scheint. Das liegt auch daran, dass unser Gehirn verschiedene, voneinander unabhängige Areale für tiefe und innige Liebe und für Lust und Leidenschaft besitzt. Tatsächlich halten nicht nur Biologen, sondern auch Psychologen und Anthropologen die Untreue für einen logischen Plan der Natur. Für die Arterhaltung sollen wir uns auch in festen Beziehungen mit anderen paaren. Dafür ist die Struktur und Biochemie unseres Gehirns angelegt. Die neuronalen Schaltkreise, die uns romantische Liebesgefühle bescheren, sind völlig getrennt von denen, die uns Lust auf Sex bereiten.

 

  • Männer sind anders – Frauen auch

Dass insbesondere den Herren der Schöpfung ein „Seitensprung-Gen“ in die Wiege gelegt wurde, wird ja gerne als Standardbegründung für männliche Untreue angeführt. Tatsächlich sind im Männerhirn die Areale für die Paarungsbereitschaft und sexuelle Aktivität größer als bei der Frau, und ihr Hypothalamus bietet ein zweieinhalbmal größeres Volumen für den Sexualtrieb. Dazu schütten sie mehr Testosteron und Adrenalin aus – aber ist das schon alles? Können Männer einfach nicht anders? Die Antwort lautet: Doch! Genauso wie immer mehr Frauen ebenfalls bereit zu sexuellen Abenteuern außerhalb der Beziehung sind. So spielen hirnorganische und neurobiologische Prozesse zwar eine Rolle, aber die Wissenschaft ist sich noch nicht einig darüber, wie stark auch der Einfluss von Sozialisation, Erziehung und anderen äußeren Faktoren sind.

 

  • Der Anti-Routine-Reflex: Wie das Gehirn gegen Langeweile im Bett vorgeht

Jeder kennt es, der schon einmal in einer längeren Paarbeziehung gelebt hat: Irgendwann ist der Sex nicht mehr so spannend wie in der Anfangszeit. Das liegt auch daran, dass das Gehirn besonders viele Glücksbotenstoffe ausschüttet, wenn es mit neuen, ungewissen und herausfordernden Situationen konfrontiert wird. Im Beziehungsalltag verschwindet dieser Anreiz allerdings zusehends – und auch aus diesem Grund sind wir anfällig für den neuen Kick, den ein Seitensprung beschert. Heimliche Stelldicheins, Sex an außergewöhnlichen Orten, fremde Haut, all das sorgt wieder für den süchtig machenden Hormoncocktail, den es im heimischen Bett nur noch selten gibt.

 

Romantische Liebe und hemmungsloser Sex – alles nur Chemie?

Es ist schon erstaunlich, welche ausgeklügelten Prozesse unser Gehirn in Gang setzt, wenn wir verliebt sind oder Lust auf Sex haben. Trotzdem ist es wissenschaftlich umstritten, ob sich Liebe wirklich auf die Neurochemie im Gehirn reduzieren lässt. Dazu ist sie viel zu komplex und auch von sozialen Faktoren abhängig. Fest steht aber: Die Rauschzustände, die uns unser Gehirn bescheren kann – ganz egal, ob wir verliebt sind oder gerade auf ein erotisches Abenteuer aus sind – sind es wert, intensiv genossen zu werden. Wir wünschen Ihnen viel Spaß dabei!


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