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Selbstwertgefühl steigern: So beseitigen Sie Ihre Selbstzweifel

Wer über ein gesundes Selbstwertgefühl verfügt, liebt sich selbst, kennt seinen eigenen Wert und weiß sich gut zu behandeln. Doch wie erlangt man es? Und kann man es sich überhaupt antrainieren oder muss man sich zwangsläufig mit seinen Selbstzweifeln arrangieren?

Mein Selbstwertgefühl und ich sind oft wie Engelchen und Teufelchen. Das Teufelchen nämlich, auch unter der Bezeichnung „innerer Kritiker“ bekannt,  will uns immer auf die falsche Fährte locken. Es will uns doch tatsächlich einreden, dass wir nur durch außergewöhnliche Leistungen und Anerkennung durch andere ein gutes Selbstwertgefühl haben können. Aber Engelchen hat Recht, wenn es einwirft, dass das kein echtes Selbstwertgefühl ist. Nein, im Prinzip ist das Selbstbetrug und daher natürlich superleicht zu erschüttern, da schlichtweg das Fundament fehlt.

Oft vergleichen wir uns mit anderen, leider korrigieren wird dabei fast immer nach „oben“. Und wir bedenken nicht, dass es immer jemanden geben wird, der etwas besser kann als wir.  Damit tun wir uns und unserem Selbstwertgefühl keinen Gefallen. Sogar dem Aussehen  messen wir, und auch die Gesellschaft im Allgemeinen,  viel zu viel Bedeutung bei. Daher rührt wohl auch die enorme Steigerung der Anzahl der Schönheits-OPs. Das Aussehen ist aber nur ein sehr kleiner Teil unseres Ichs.

Viele messen also ihr Seelenheil an ihren Leistungen und Erfolgen. Da aber kein Mensch der Welt – noch nicht einmal die tollsten Schauspieler – ständig und dauerhaft erfolgreich sein können, erfahren solche Menschen bei einem Scheitern sofort wieder einen herben Rückschlag und fallen in ein tiefes Loch. Und wenn sie denn mal Erfolg haben, können sie diesen nicht entsprechend genießen. Wie viele Prominente leiden unter Depressionen und sind süchtig nach Drogen, Alkohol, Anerkennung und Liebe? Mir fällt da spontan zum Beispiel Whitney Houston ein. Eine wunderschöne Frau  mit einer klasse Figur und einer göttlichen Stimme. Hatte Familie und genügend Geld, um sich ein schönes Leben zu machen … und war todunglücklich, bis zuletzt.

Woher kommt ein geringes Selbstwertgefühl?

Da muss man mal wieder – wie so oft in der Psychologie – in der Kindheit graben. Leider haben viele Eltern das „Talent“, das Selbstwertgefühl ihres Kindes gnadenlos im Keim zu ersticken. Kinder machen ihr Selbstwertgefühl aber leider von den Urteilen der Eltern abhängig. Häufige Kritik oder Sätze wie „Das kannst du nicht!“, ja schlimmstenfalls sogar Ablehnung, geben dem Kind schnell das Gefühl, den Ansprüchen der Eltern nicht zu genügen. Wer dann noch einen schwierigen Stand bei seinen Klassenkameraden hat, wird es später schwer haben, sein Wertegefühl nach oben zu korrigieren.

Sehen Sie’s positiv: Gedanken lassen sich formen

Solche Menschen neigen  leider dazu, sich selbst fertig zu machen, indem sie ständig nach Beweisen für ihre eigene Unzulänglichkeit suchen (warum habe ich nicht das und das gesagt oder getan?). Das heißt, sie werden durch jede noch so kleine negative  Kleinigkeit, die zusätzlich ihr Leben streift, noch mehr runtergezogen. Das macht es natürlich schwer, schöne Zeiten als solche überhaupt zu erkennen, geschweige denn, sie zu genießen. Denn: wer suchet der findet. Und genau das muss abgestellt werden. Nicht verkrampft nach allem Negativen bei sich selbst suchen, sondern die Augen öffnen für die schönen Dinge und das Positive. Das ist reine Ansichtssache. Hier macht die Übung mal wieder den Meister: Negative Gedanken bitte ausblenden. Das Grübeln sein lassen, aufkommende Selbstzweifel sofort im Keim ersticken. Diese Gedankenspirale zieht sonst ständig runter. „Das sagt sich so leicht!“, denken Sie jetzt vielleicht. Das stimmt natürlich, aber ich sage Ihnen was: Es MACHT sich auch genau so leicht. Haben Sie es wirklich schonmal probiert, negative Gedanken abzuschalten und stattdessen positiv zu denken? Viele gehen gehen nämlich nur halbherzig an die Sache, denken insgeheim „ach, das bringt doch eh nichts“, aber wenn man sich konsequent selbst daran erinnert und ermutigt, ist es auf jeden Fall machbar.

Selbstwertgefühl muss von innen kommen

Wenn also weder Selbstbekräftigung noch die Jagd nach Anerkennung das Selbstwertgefühl stärken können, was tun?

Ganz einfach: Die Basis heißt Selbstliebe!  Ich muss mich selbst mögen, erst dann können mich auch andere lieben. Andere Menschen lieben uns nicht, nur weil wir super Leistung bringen und gut aussehen. Den Menschen machen ja zum Glück noch andere Eigenschaften aus. Ein gesundes und stabiles Selbstwertgefühl kommt von innen heraus.

Man muss sich mit all seinen Fehlern und Unzulänglichkeiten selbst lieben und akzeptieren, dass man nicht fehlerfrei ist. Auch wenn im Leben mal etwas schief geht, muss man sich deswegen nicht in eine Krise stürzen. Lieben Sie sich selbst, auch wenn Sie die eigenen Erwartungen oder die anderer mal nicht erfüllt haben. Wer über ein stabiles Selbstwertgefühl verfügt, fühlt sich bei einem Misserfolg natürlich zunächst auch schlecht, aber – und das ist jetzt das Entscheidende – es wirft ihn nicht aus der Bahn.

Ein Fehlschlag wirft also nur jemanden mit geringer Selbstakzeptanz in eine Krise, während andere sich kurz schütteln, Krönchen richten, wieder aufstehen und weitermachen.

Helfen Mantras und Affirmationen dabei, das Selbstwertgefühl zu steigern?

Oft hört man ja von Tipps wie „zahlreiche Zettelchen überall in der Wohnung verteilen“ und ähnliches. Auf denen sind dann Affirmationen zu finden wie: „Ich bin toll“ oder „Ich sehe gut aus“. Oder auch sehr beliebt: Morgens vor dem Spiegel stehend und diese Affirmationen vor sich hin sagen. Ehrlich gesagt wäre ich persönlich nicht gerade die richtige Kandidatin für diese Version. Würde bei mir nicht funktionieren, höchstens für einen Lachanfall sorgen. Dazu müssten Sie jetzt aber natürlich wissen, wie ich um diese Uhrzeit aussehe. 😉

Wer diese Zettelchen womöglich auch noch mit zu hoch gesteckten Zielen beschriftet, macht es sich selbst unnötig schwer. Denn wer sowieso schon ein geringes Selbstwertgefühl hat, wird  von solchen Sprüchen, die für ihn unerreichbar wirken, nur noch mehr unter Druck gesetzt.

Nun ja, letzten Endes stärkt diese Methode vielleicht nicht gerade bei jedem das Selbstwertgefühl. Allerdings: Jedem Tierchen sein Pläsierchen, wem es also hilft, der soll das ruhig tun.

Lassen Sie Ihr Selbstwertgefühl größer werden als Ihre Zweifel

Eine gute Hilfe zur Steigerung des Selbstwertgefühls kann das erkennen des persönlichen Lebenssinns sein. Für viele besteht dieser unter anderem darin, auch für andere da zu sein. Schauen Sie sich in Ihrer nächsten Umgebung um und Sie werden sicher soziale Einrichtungen finden, die ehrenamtliche Helfer suchen. Wer das Gefühl hat, gebraucht zu werden, erkennt früher oder später seinen Wert. Anderen – egal ob Mensch, Tier oder Umwelt – etwas Gutes tun, also das „Geben“ macht glücklich. Der Spruch „Wer Gutes tut, dem wird Gutes widerfahren“  kommt ja nicht von ungefähr.

10 praktische Tipps um ihr Selbstwertgefühl zu steigern:

  1. Selbstakzeptanz. Akzeptieren Sie sich selbst, wie Sie sind. Ihre Gedanken, Gefühle und vergangene Aktivitäten gehören nur Ihnen. Verleugnen Sie diese nicht, ohne schlecht darüber zu reden.
  2. Selbstannahme. Zücken Sie gedanklich sofort das Stoppschild, wenn Sie sich innerlich selbst niedermachen, weil Ihnen gerade ein Fehler unterlaufen ist. Um Ihr Selbstwertgefühl zu steigern, ist es wichtig, dass Sie auch mit sich selbst liebevoll umgehen. Sagen Sie sich „beim nächsten Mal mache ich’s besser“ oder „sei’s drum, heute war einfach nicht mein Tag“ statt „ich habe schon wieder versagt“.
  3. Konzentrieren Sie sich auf Ihre positiven Eigenschaften und lassen die Schwächen mal außer Acht. Wenn Sie Ihren Blick immer nur auf das richten, was Sie nicht können, bekommen Sie ein falsches Bild von sich. Denken Sie an all die Dinge, die Sie gut können. Es gibt Sie nur einmal und es gibt viele Dinge, die Ihnen liegen. Halten Sie sich Dinge vor Augen, die Sie aus dem Effeff beherrschen. Es hilft nichts, sich selbst fertig zu machen und somit das Selbstwertgefühl zu erniedrigen, wenn man etwas nicht kann, es aber können will, hilft nur eines: Es lernen!
  4. Respekt. Lassen Sie sich nicht respektlos behandeln, sonst ist das ein abwertendes Signal an Ihr Selbstbewusstsein.
  5. Machen Sie sich Ihre Stärken bewusst. Erstellen Sie notfalls eine Auflistung Ihrer gesamten Stärken. Was können Sie gut, wofür haben Sie schonmal Lob oder Komplimente bekommen? Jeder Mensch hat besondere Stärken und Talente, ganz sicher auch Sie.
  6. Selbstverantwortung. Der einzige Mensch, der für Ihre Gedanken, Entscheidungen und Taten verantwortlich ist, sind Sie selbst.  Wenn Sie etwas in Ihrem Leben ändern möchten, müssen Sie also die Ärmel schon selbst hochkrempeln.
  7. Fremdbild. Fragen Sie am besten Ihre (guten) Freunde. Diese werden Ihnen ehrlich sagen,  was nach deren Meinung Ihre positiven Eigenschaften sind. Gut möglich, dass Sie so Stärken entdecken, über die Sie bisher noch gar nicht im Bilde waren. Und das kann das eigene Selbstwertgefühl durchaus immens steigern.
  8. Eigene Wertschätzung. Sagen Sie sich, dass Sie es wert sind, Komplimente und Anerkennung zu erhalten. Bedanken Sie sich für Komplimente und freuen Sie sich darüber. Sie haben es verdient, nette Worte zu hören zu bekommen.
  9. Zukunftsangst. Ständiges „sich sorgen“ ist kontraproduktiv für das Selbstwertgefühl. So reden Sie sich schon ein Horror-Szenario ein, noch bevor die Situation tatsächlich da ist – und natürlich reagieren Körper und Bewusstsein darauf. Grenzen Sie das unbedingt ein. Was ist realistisch das „Schlimmste“, was passieren kann, also the worst case? Meistens ist das dann gar nicht so dramatisch, wie man sich das  so undefiniert einredet.
  10. Nicht Vergleichen. Das ständige Vergleichen mit anderen macht nur verrückt, verwirrt und verunsichert Sie.


Klein anfangen und langsam steigern: Step by step zu einem guten Selbstwertgefühl

Backen Sie zunächst mal kleine Brötchen, will heißen, stecken Sie sich kleine Ziele. Wollten Sie nicht schon seit Wochen die Papiere mal in Ordnung bringen, abheften, auf Aktualität sichten? Etwas mehr Sport hatten Sie sich schon zum Jahreswechsel vorgenommen, hängen aber immer noch auf der Couch rum? Ihre alte Freundin, Ihren Kumpel endlich mal anrufen um ein Treffen zu arrangieren? Den Kleiderschrank endlich mal ausmisten, damit es wieder Platz gibt? Die Liste lässt sich beliebig weiterführen, jeder von uns hat sicher so seine Last. Aber jeder Punkt für sich genommen ist eigentlich nichts Unmögliches, das nicht bewältigt werden könnte. Also einfach mal anfangen! Wichtig ist, sich nicht zu viel auf einmal vorzunehmen, es soll ja auch machbar sein und nicht überfordern. Denn wer zu viel von sich selbst verlangt, verliert die Lust und hört auf. Ganz konkret überlegen, was man machen will, wer endlich Sport treiben will, zunächst also z. B. mit einem Spaziergang am Abend anfangen. Später an einem Tag Gymnastik oder Joggen einplanen. Danach werden Sie sich gut fühlen, weil Sie das, was sie sich vorgenommen haben, auch erledigt haben. Dann dürfen (und sollen) Sie sich auch gerne mal selbst loben. Die Devise lautet also: Klein anfangen und langsam steigern. Und wenn Sie dann etwas Routine darin bekommen haben, können Sie sich auch größere Projekte vornehmen. Hilfreich ist es übrigens für viele tatsächlich, Listen anzufertigen. Und sei es für vermeintlich ganz banale Dinge wie „Rechnungen abheften“ oder „Besteckschublade reinigen und aufräumen“. Es fühlt sich immer gut an, wenn man das ganze mit einem dicken Haken als „erledigt“ markieren kann.

Und last but not least: Think positive. Jeder Tag ist ein neuer Anfang.

Ihre Irene

(Der verlorenste aller Tage ist der, an dem man nicht gelacht hat.)

 


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