Der Affäre treu sein oder mehrgleisig fahren?

Ist es nicht paradox, von einer Affäre Treue zu erwarten, wo doch die Affäre an sich bereits bedeutet, dass man fremdgeht? Klingt widersprüchlich, aber dennoch wünschen sich die meisten Seitenspringer einen „festen“ Affärenpartner.

Wie ist das eigentlich in Affären? Lässt man sich auf eine ein, bedeutet das, dem Beziehungspartner untreu zu werden. Darf man nun selbst vom Affärenpartner erwarten, dass er treu ist, also insgesamt maximal „zweigleisig“ fährt und sich keine weiteren Seitensprünge erlaubt? Natürlich gibt es hier keine allgemeingültigen Regeln – jede Affäre ist anders und hängt ganz von den Wünschen und Vorstellungen der Beteiligten ab. Gibt es innerhalb der Affärenbeziehung aber unterschiedliche Ansprüche an gegenseitige Treue, kann dies zu Konflikten führen. Grund genug, einmal die Gründe dafür zu beleuchten, warum sich viele Menschen Exklusivität in ihrer Affäre wünschen und dabei lieber zweigleisig als mehrgleisig fahren.

Mehr als Sex: Eine Affäre erfüllt oft viele Aufgaben

Der Affäre treu sein? Der Wunsch nach Treue in einer Affäre ist nachvollziehbar, denn eine Affäre fängt in der Regel vieles auf, was in der Hauptbeziehung fehlt. Das ist oft nicht nur guter Sex, es sind auch Gefühle, es ist die ungeteilte Aufmerksamkeit und Zuwendung, die man sich vom Affärenpartner erhofft. Denn die meisten Affären entstehen erst, wenn in der Hauptbeziehung emotionale und sexuelle Defizite vorhanden sind. Man möchte angeregte, intensive Gespräche genießen und sich dabei immer besser kennenlernen. Wie in jeder anderen Beziehung auch wächst damit das gegenseitige Vertrauen und das Wissen um die Vorlieben des anderen. Man genießt einander und möchte so viel Zeit wie möglich miteinander verbringen. Da kann es an Tagen, an denen man sich nicht treffen kann, durchaus passieren, dass man sich zu sehnen beginnt. Gerade wenn solche Gefühle ins Spiel kommen, ist emotional und zeitlich gesehen eigentlich gar kein Platz mehr für eine weitere Affäre.

„Neben der sexuellen Unlust meines Partners hat mich seine Oberflächlichkeit und sein Desinteresse mir gegenüber zum Eingehen einer Affäre animiert“, erklärt Anna-Maria (44) ihren Standpunkt. „Deswegen war und ist es mir wichtig, dass ich in ebendieser Affäre jene ungeteilte Aufmerksamkeit erhalte, die ich in meiner Beziehung vermisse. Dasselbe bin ich auch bereit zu geben. Alleine deswegen wäre noch eine weitere Affäre in meinen Augen keine Option.“

Thema Eifersucht: Ist sie in der Affäre berechtigt?

Übertriebene Eifersucht und besitzergreifendes Denken sind prinzipiell in jeder Beziehung mit Vorsicht zu genießen. In einer Affäre ist Eifersucht sogar absolut fehl am Platz. Schließlich hat der Affärenpartner in der Regel bereits eine feste Beziehung, die es zu respektieren und akzeptieren gilt. Zudem ist man selbst seinem Hauptpartner untreu geworden und fährt ja bereits zweigleisig. Teilen müssen gehört also hier automatisch dazu. Es ist aber natürlich legitim, der Affäre mitzuteilen, dass man selbst nicht mehrgleisig fahren möchte, was weitere Affärenpartner betrifft, und sich das auch von ihm oder ihr wünscht. Schließlich sollten auch bei einem Seitensprung gleich von Anfang an die Erwartungen aneinander geklärt werden.

Welche Gründe gibt es, mehrgleisig zu fahren?

Natürlich gibt es auch Abenteuerlustige, die gerne mehrgleisig fahren und denen es auch nichts ausmacht, dass ihre Affärenpartner dies tun. Die „klassischen“ Formen, diese in den meisten Fällen auf den Sex beschränkte Lust auszuleben, sind One-Night-Stands oder Casual Dating. Gut beraten ist in jedem Fall, wer auf der Suche nach den passenden Partnern eingehend alle Kontaktvorschläge prüft und Entsprechendes auch im eigenen Profil vermerkt. So lassen sich von Anfang an Missverständnisse ausschließen. Aber auch, wer eigentlich nach einer dauerhaften Affäre Ausschau hält, wird gerade am Anfang erst einmal zu mehreren potenziellen Partnern Kontakt aufnehmen. Wenn dann die Chemie stimmt und man sich gerne treffen möchte – warum nicht? Oft stellt sich doch erst bei einer realen Begegnung heraus, ob und in welcher Form man den anderen wiedersehen und die Beziehung vertiefen möchte. Mehrgleisig zu fahren kann also auch der Auswahl dienen, um sich dann für einen Affärenpartner zu entscheiden. Schließlich können Sie nur so sicher sein, wer am besten zu Ihnen passt. „Wenn man sich einsam fühlt, weil der Partner mehr beruflich unterwegs als zuhause ist, kommt man schnell in Versuchung, sich via Online-Dating bei einer seriösen Partnervermittlung neue Kontakte zu suchen“, erzählt Eva (40). „So habe ich auch einen sehr interessanten Mann kennengelernt. Wir haben uns in allen Belangen bestens verstanden. Auch im Bett. Es wurde eine dauerhafte Affäre daraus. Einige Wochen später hat mich ein weiterer interessanter Mann angeschrieben. Ich war neugierig und habe mich auch mit ihm getroffen. Die zwei sind völlig unterschiedlich. Jeder ein toller Mensch auf seine Art. Nun treffe ich mich mit beiden und fühle mich gut dabei, zumal ich weiß, dass beide auch noch Kontakte zu anderen Frauen haben und das vollkommen in Ordnung für uns alle ist.“ Was Eva beschreibt, ist zwar eher die Ausnahme, aber auch so kann es funktionieren. In der Regel ist es aber tatsächlich so, dass man sich während der Dauer einer Affäre treu bleibt. Schließlich genießt man die gemeinsame Zeit – warum also eine weitere Liaison eingehen, wenn es mit der dauerhaften Affäre noch so viel Schönes und Neues zu erleben gibt?

Im Trend: Treue in der Affäre

Eigentlich ist es gar nicht so viel anders als in anderen Beziehungen auch: Eine Affäre entwickelt sich oft langsam, beginnt bei einem Flirt und führt vielleicht zu einer tollen Liebesnacht. Beschließt man danach, sich wiederzutreffen, weil man sich schlicht und ergreifend genossen hat, sind die Weichen für eine längere Beziehung gestellt. Man kann gar nicht genug voneinander bekommen, ist sich sympathisch, möchte oft auch außerhalb des Bettes schöne Dinge miteinander erleben. Für viele stellt sich dann gar nicht die Frage der Treue – sie ergibt sich ganz vom selbst, weil man gar kein Interesse an weiteren Abenteuern hat. Natürlich gibt es auch die Ausnahmen, die die Regel bestätigen. Aber meistens ist es doch so, dass man auch in der Affäre Nähe und Vertrauen sucht und deshalb lieber nicht mehrgleisig fährt.

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